Klingt das verdächtig oder verlockend? „Spende Geld, Gott wird es dir hundertfach zurückzahlen.“ Fernsehprediger zum Beispiel versprechen genau das. Besonders in den USA gibt es viele von ihnen. Televangelists predigen, dass ihr Reichtum ein Zeichen ihres Glaubens ist. Zeichen dafür, dass Gott auf ihrer Seite steht. Ihre Botschaft: Die Zuschauer müssten nur selbst fest glauben, um reich zu werden. Aber das ist ein Trick: Die Zuschauer sollen ihren Glauben beweisen, indem sie an die Kirche des Predigers spenden. Die Masche ist nicht neu, aber breitet sich weltweit immer weiter aus. Vor allem ärmere Menschen hören darin die Möglichkeit, ihrer Armut zu entfliehen.
Ist Spenden also in jedem Fall gut? Nein – wie man an vielen Beispielen sieht. Vorsicht ist geboten, wenn der Aufruf zu spenden mit Druck und Versprechungen für das Heil des Spenders oder der Spenderin verbunden ist. Damit reihen sich die „Wohlstandsprediger“ übrigens problemlos in die Geschichte ein. Christen wurden verpflichtet, „Gute Werke“ zu tun. Wer das nicht schaffte, dem drohte die Kirche im Mittelalter mit der Hölle – es sei denn, es wurde gezahlt. Martin Luther litt unter dieser päpstlichen Drohung. Es ist sogar die Urszene der Reformation: Luther, der sich quält und verzweifelt, weil er es nicht schafft, ein ganz und gar guter Mensch zu sein – alle notwendigen „Guten Werke“ zu tun. Mit diesem Versprechen der mittelalterlichen Kirche konnte Luther sich nicht anfreunden. Ist Gott wirklich so ein unbarmherziger Richter, fragte er sich. Muss ich in die Hölle, weil ich die geforderten Werke nicht erfüllen kann? Nein. Gott ist vielmehr liebender Vater. Das muss ich glauben, es ist das einzige „Werk“, das Gott fordert. Nicht durch Taten und nicht durch Spenden kann sich der Mensch Gottes Ansehen verdienen, es zählt nur der Glaube – das wurde zum Grundgedanken des Protestantismus. Natürlich hat man Luther vorgeworfen, er würde die Menschen von der Verantwortung lossprechen, diese Welt besser zu machen. So wollte er nicht verstanden werden: „Gute Werke“ tun ist für einen Gläubigen selbstverständlich. Wer allerdings die „Guten Werke“ für sich selbst, für sein „Seelenheil“, tut, der geht fehl.
Kein Christ muss spenden, schon gar nicht an eine Organisation, die im Gegenzug das irdische oder jenseitige Heil für den Spender oder die Spenderin verspricht. Es gilt aber auch: Wenn der eigene Glauben nicht dazu führt, „Gute Werke“ zu tun, Menschen in Not auch finanziell beizustehen, dann sollte man sich fragen, woran das liegt, und vielleicht noch einmal bei Luther nachlesen.
Konstantin Sacher
Aus: „chrismon“, das Monatsmagazin der Evangelischen Kirche. www.chrismon.de