Zum 150. Geburtstag von Albert Schweitzer

Als „Genie der Menschlichkeit“ bezeichnete ihn der englische Politiker Winston Churchill. Der „Urwalddoktor“ Albert Schweitzer wurde am 14. Januar 1875 im elsässischen Kaysersberg geboren.
Bereits mit 20 Jahren fasst er als Theologiestudent in Straßburg den Plan, mit 30 Jahren sein Leben „einem unmittelbaren menschlichen Dienen zu weihen“. Tatsächlich meldet er sich im Oktober 1805 beim Dekan der medizinischen Fakultät, weil er Medizin studieren will. Berufsziel: Arzt in Afrika.
Schweitzer erzählt: „Er hätte mich am liebsten seinem Kollegen von der Psychiatrie überwiesen.“ Denn inzwischen hat der Privatdozent fürs Neue Testament, Religionsphilosoph und Orgelinterpret Herausragendes geleistet. Nach Abschluss des Medizinstudiums und aller erforderlichen ärztlichen Praktika heiratet er 1912 mit Helene Bresslau die Frau, mit der ihn eine tiefe Geistesverwandtschaft verbindet. Helene Schweitzer: „Wir begegneten einander in dem Gefühl der Verantwortlichkeit für all das Gute, was wir in unserem Leben empfangen hatten.“ Wenig später gründen sie im heutigen Gabun das Tropenspital Lambarene – was in deutscher Übersetzung bedeutet: „Wir wollen es versuchen!“
Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914 löst bei dem Menschenfreund auf der „Lichtung der Nächstenliebe“, wie sein Urwaldspital genannt wird, eine Sinnkrise aus. Angesichts der menschlichen Katastrophe findet Schweitzer den Begriff „Ehrfurcht vor dem Leben“. In dieser Formel sieht er die vernunftmäßige Forderung, die allen Menschen an allen Orten der Erde einsichtig sein müsste. Denn: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“ Dieser Kernsatz bezieht sich nicht nur auf den Menschen. Schweitzer lehrt ein geschwisterliches Verhältnis zur gesamten Schöpfung: „Gut ist: Leben erhalten, Leben fördern, entwicklungsfähiges Leben auf seinen höchsten Stand bringen. Böse ist: Leben vernichten, Leben schädigen, entwickelbares Leben niederhalten.“
Jahrzehnte später mahnt er angesichts der atomaren Hochrüstung der Supermächte zum Weltfrieden. 1954 nimmt er den Friedensnobelpreis in Oslo entgegen. Das Preisgeld lässt er vollständig seinem neuen Lepradorf zukommen.
Albert Schweitzer, der am 4. September 1965 in Lambarene gestorben ist, gilt bis
heute für viele als Vorbild. Er erprobte seine Forderungen und lehrte seine Praxis. Dabei verlor er nie aus den Augen, dass nur wenige Menschen solch ein Lebenswerk aufbauen können. Gleichzeitig betonte er den Gedanken vom „Nebenamt“. Jeder könne und müsse etwas an Zeit und Kraft für andere abgeben, um den Sinn seines Lebens zu verwirklichen.
Reinhard Ellsel