Andacht zum Palmsonntag

Liebe Leserinnen und Leser,

geht es Ihnen auch so?
In diesen außergewöhnlichen Tagen verliert sich das Gefühl für die Zeit, eine gewisse Monotonie macht sich breit.
Wie gut, dass wir einen kirchlichen Festkalender haben.
Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche und damit die Vorbereitungen auf Ostern.

Auch vor 2000 Jahren beginnt diese Woche ganz besonders:
Jesus zieht auf einem Esel in Jerusalem ein. Er wird umjubelt. Die Menschen legen ihre Umhänge auf seinen Weg und begrüßen ihn mit Palmwedeln.
Ein außergewöhnlicher König erfährt einen außergewöhnlichen Empfang!
Und als er dann wenige Tage später mit seinen Jüngern im Hause Simons zu Tisch sitzt, kam eine Frau mit kostbarem Nardenöl und gießt das Öl auf sein Haupt.
So eine Verschwendung! Sofort wird sie von den Anwesenden zurechtgewiesen mit dem Hinweis, dass sie das kostbare Öl doch lieber verkauft hätte und das Geld dann den Armen hätte spenden sollen.
Jesus aber reagiert anders:
Er weiß, dass diese „Salbung“ schon die Salbung für sein nahes Ende ist. Und so spricht er: „Ihr habt allezeit Arme um euch, wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun.

Mich aber habt ihr nicht allezeit.“
Was könnte er damit meinen?
Ich denke: Besondere Zeiten verlangen besondere Handlungen!
In diesen Wochen trifft das auch auf unser Handeln zu. Selbstverständlichkeiten fallen zur Zeit weg. Außergewöhnliches gewinnt an Bedeutung!
Nur so schaffen wir es, durchzuhalten.
Vielleicht nehmen Sie sich vor, beim nächsten Telefonanruf auf jeden Fall von einem schönen Erlebnis zu erzählen, Kleinigkeiten vor die Haustüre einsamer Menschen zu legen, ein Lächeln zu zeigen, durchs Fenster zu winken,…..Ihrer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt!

Ich möchte Ihnen in die Karwoche eine „besondere“ Geschichte mitgeben:
Der Dichter Rainer-Maria-Rilke erzählt von seiner Zeit in Frankreich. Jeden Tag ging er mit seiner Freundin an einer Bettlerin vorbei, die um ein Geldstück bat. Rilke gab nichts.
Auf die Frage seiner Freundin, weshalb er nichts gibt antwortet er:
Wir müssen ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand!
Am nächsten Tag legte er der alten Frau eine kleine, weiße Rose hin. Die Frau roch daran, erhob sich mühsam, küsste Rilkes Hand und ging davon.
Eine ganze Woche saß sie nicht mehr an dem gewohnten Platz.
Rilkes Freundin fragte, wovon die Frau währenddessen wohl gelebt hätte.
Rilke antwortete: Von der Rose!
Eine schöne Geschichte, die uns eine Antwort auf die Frage gibt, was es in dieser Zeit Besonders braucht: Zeichen der Liebe und Zeichen der Hoffnung!
Außergewöhnliche Zeiten verlangen außergewöhnliches Handeln!

Ihre Pfarrerin Gabriele Edelmann-Richter

Segen:
Gottes Liebe wärme dich,
Gottes Gegenwart umstrahle dich,
Gottes Geist möge in dir sein.
Gottes Kraft soll in dir wirken.
Gottes Zärtlichkeit soll dich beschützen,
Gottes Friede soll dich umgeben!