Poet, Priester und Revolutionär

Zum 100. Geburtstag des Befreiungstheologen Ernesto Cardenal

Eine schwarze Baskenmütze auf dem langen weißen Haar, ein weißes Bauernhemd – schon seine äußere Erscheinung hatte Kultstatus. Der Poet, Priester und Revolutionär Ernesto Cardenal wurde vor 100 Jahren als Spross einer wohlhabenden Familie am 20. Januar 1925 in Granada in Nicaragua geboren.

Äußerlich spiegelt Cardenals Leben das Ringen Nicaraguas um Unabhängigkeit von den USA und soziale Gerechtigkeit wider. Innerlich fasziniert ihn das Geheimnis der Liebe.

Bereits als junger Student schreibt er seine Gedichte, weil ihn die Sehnsucht nach dem geliebten Mädchen antreibt, das sich ihm entzieht. Als Novize im Kloster richtet sich sein Sehnen auf die Begegnung mit Gott. Schließlich rückt der reife Dichter mit den „Gesängen des Universums“ (1995) die Liebe als göttliches Gestaltungsprinzip ins Zentrum der gesamten Schöpfung.

1957 erlebt der 32-Jährige, der sich nach einem ausgedehnten Literaturstudium kulturpolitisch für sein Land engagiert, eine sein bisheriges Leben umkrempelnde Hinwendung zu Gott. Er tritt in das Trappistenkloster Gethsemani in Kentucky / USA ein. Dort wird er als ­Novize vom Dichtermönch Thomas Merton (1915 – 1968) begleitet, der ihn auch dazu ermuntert, seine sozialen Ideen für ein besseres Amerika weiterzuverfolgen. Hier entsteht sein „Buch von der Liebe“, das Meditationen beinhaltet. Danach studiert Cardenal in Mexiko und Kolumbien katholische Theologie. Als Lehrer am Seminario de Cristo Sacerdote von
La Ceja schreibt er die „Psalmen“ – eine religiös-­politische Dichtung, welche die Theologie der Befreiung anstoßen wird.

Nach seiner Priesterweihe 1965 gründet er mit einigen Gleichgesinnten auf der Insel Mancarrón im großen Nicaraguasee eine Kommune, die nach urchristlichen Vorstellungen ausgerichtet ist. Sein Buch „Das Evangelium der Bauern von Solentiname“ begründet den Weltruf dieser Kommune als Ort der Besinnung und der Solidarität mit den Armen.

Nach der Zerstörung Solentinames durch Soldaten des Somoza-Regimes setzt sich Cardenal für eine gewaltsame nicaraguanische „Revolution ohne Rache“ ein. Von 1979 bis 1987 wird er Kulturminister der neuen sandinistischen Regierung. Doch sein sozialpolitisches Engagement bringt ihn in Konflikt mit Papst Johannes Paul II., der ihn bei einem Besuch in Managua öffentlich ermahnt und 1985 von seinem Amt als Priester suspendiert. Papst Franziskus allerdings hebt die Suspendierung Cardenals noch zu dessen Lebzeiten auf und „erteilt ihm mit Wohlwollen die Absolution von allen kanonischen Zensuren“. Im Alter von 95 Jahren stirbt Cardenal in Managua am 1. März 2020.

Über sich selbst sagte er: „So viel ich vor Gott bin, so viel bin ich wirklich.“

Reinhard Ellsel

Lambarene: „Wir wollen es versuchen!“

Zum 150. Geburtstag von Albert Schweitzer

Albert Schweitzer - epd-bild / A.-Schweitzer-Zentrum

Als „Genie der Menschlichkeit“ bezeichnete ihn der englische Politiker Winston Churchill. Der „Urwalddoktor“ Albert Schweitzer wurde am 14. Januar 1875 im elsässischen Kaysersberg geboren.

Bereits mit 20 Jahren fasst er als Theologiestudent in Straßburg den Plan, mit 30 Jahren sein Leben „einem unmittelbaren menschlichen Dienen zu weihen“. Tatsächlich meldet er sich im Oktober 1805 beim Dekan der medizinischen Fakultät, weil er Medizin studieren will. Berufsziel: Arzt in Afrika.

Schweitzer erzählt: „Er hätte mich am liebsten seinem Kollegen von der Psychiatrie überwiesen.“ Denn inzwischen hat der Privatdozent fürs Neue Testament, Religionsphilosoph und Orgelinterpret Herausragendes geleistet. Nach Abschluss des Medizinstudiums und aller erforderlichen ärztlichen Praktika heiratet er 1912 mit Helene Bresslau die Frau, mit der ihn eine tiefe Geistesverwandtschaft verbindet. Helene Schweitzer: „Wir begegneten einander in dem Gefühl der Verantwortlichkeit für all das Gute, was wir in unserem Leben empfangen hatten.“ Wenig später gründen sie im heutigen Gabun das Tropenspital Lambarene – was in deutscher Übersetzung bedeutet: „Wir wollen es versuchen!“

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914 löst bei dem Menschenfreund auf der „Lichtung der Nächstenliebe“, wie sein Urwaldspital genannt wird, eine Sinnkrise aus. Angesichts der menschlichen Katastrophe findet Schweitzer den Begriff „Ehrfurcht vor dem Leben“. In dieser Formel sieht er die vernunftmäßige Forderung, die allen Menschen an allen Orten der Erde einsichtig sein müsste. Denn: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“ Dieser Kernsatz bezieht sich nicht nur auf den Menschen. Schweitzer lehrt ein geschwisterliches Verhältnis zur gesamten Schöpfung: „Gut ist: Leben erhalten, Leben fördern, entwicklungsfähiges Leben auf seinen höchsten Stand bringen. Böse ist: Leben vernichten, Leben schädigen, entwickelbares Leben niederhalten.“

Jahrzehnte später mahnt er angesichts der atomaren Hochrüstung der Supermächte zum Weltfrieden. 1954 nimmt er den Friedensnobel­preis in Oslo entgegen. Das Preisgeld lässt er vollständig seinem neuen Lepradorf zukommen.

Albert Schweitzer, der am 4. September 1965 in Lambarene gestorben ist, gilt bis
heute für viele als Vorbild. Er erprobte seine Forderungen und lehrte seine Praxis. Dabei verlor er nie aus den Augen, dass nur wenige Menschen solch ein Lebenswerk aufbauen können. Gleichzeitig betonte er den Gedanken vom „Nebenamt“. Jeder könne und müsse etwas an Zeit und Kraft für andere abgeben, um den Sinn seines Lebens zu verwirklichen.

Reinhard Ellsel

Prüft alles und behaltet das Gute

Andacht zur Jahreslosung für 2025 aus 1. Thessalonicher 5,21

Symbolbild Lupe

Die Jahreslosung lädt uns dazu ein, dass wir jeden Tag neugierig und mit Maßstäben gestalten. Paulus, von dem dieser Ratschlag stammt, ergänzt zum besseren Verständnis: „Meidet das Böse in jeder Gestalt.“ (Vers 22)

Aber wie macht man das: Alles prüfen und dabei das Gute behalten? Was ist eigentlich der Maßstab, an dem ich unterscheiden kann, was gut oder böse ist, nützlich oder schädlich? Je nachdem, wen man fragt, bekommt man doch sehr unterschiedliche Antworten. Greta Thunberg sagt mir etwas anderes als Wladimir Putin; ein Hedonist, dem es in erster Linie um Spaß im Leben geht, etwas anderes als der Philosoph Immanuel Kant, der für eine vernunftgemäße und eigenständige Lebensführung steht.

Ich frage deshalb den Apostel Paulus selbst. Er muss ja auf jeden Fall wissen, welchen Maßstab er vor Augen hat. In seinem Brief an die Philipper lese ich: „Ich bete darum, dass eure Liebe immer noch reicher werde an Erkenntnis und aller Erfahrung, so dass ihr prüfen könnt, was das Beste sei, damit ihr lauter und unanstößig seid für den Tag Christi, erfüllt mit Frucht der Gerechtigkeit durch Jesus Christus zur Ehre Gottes und zum Lobe Gottes.“ (Philipper 1,9‒11)

Also, der Maßstab, um gut und böse zu unterscheiden, ist die Liebe – die Liebe zum Mitmenschen, zu sich selbst und zu Gott. (Vgl. Matthäus 22,34‒40)

Was für ein Versprechen: Lebe die Liebe! Dann wird das Jahr 2025 ein gutes Jahr!

Reinhard Ellsel

Ein Stern

Gott schenke dir einen Stern,
der zuverlässig deinen Weg erleuchtet
und deinem Leben Ziel und Richtung gibt.
Möge dein Stern deinen Willen herausfordern
und deine Kräfte fördern.
Möge er dich stets daran erinnern,
warum du unterwegs bist
und dir Mut machen,
wenn du aufstecken willst.
Sein freundliches Licht
erfülle dich mit Hoffnung
und führe dich auf der Erde
in himmlischer Bahn.

Reinhardt Ellsel

Winterausgabe 2024 des Gemeindebriefs

Die Winterausgabe des Gemeindebriefs steht bereit. Sie finden ihn in Ihrem Briefkasten, in den Gemeindehäusern und Kirchen zum Mitnehmen oder hier zum Download (ca. 1,9 MB).

In dieser Ausgabe finden Sie unter anderem:

  • Gottesdienste und Angebote in der Weihnachtszeit
  • Ökumenische Gottesdienstangebote für Kinder und Familien
  • Rückblick auf die Gemeindewanderung nach Iphofen und auf Erntedank

Müssen Christen Spenden?

Symbolbild: Bibel

Klingt das verdächtig oder verlockend? „Spende Geld, Gott wird es dir hundertfach zurückzahlen.“ Fernsehprediger zum Beispiel versprechen genau das. Besonders in den USA gibt es viele von ihnen. Televangelists predigen, dass ihr Reichtum ein Zeichen ihres Glaubens ist. Zeichen dafür, dass Gott auf ihrer Seite steht. Ihre Botschaft: Die Zuschauer müssten nur selbst fest glauben, um reich zu werden. Aber das ist ein Trick: Die Zuschauer sollen ihren Glauben beweisen, indem sie an die Kirche des Predigers spenden. Die Masche ist nicht neu, aber breitet sich weltweit immer weiter aus. Vor allem ärmere Menschen hören darin die Möglichkeit, ihrer Armut zu entfliehen.

Ist Spenden also in jedem Fall gut? Nein – wie man an vielen Beispielen sieht. Vorsicht ist geboten, wenn der Aufruf zu spenden mit Druck und Versprechungen für das Heil des Spenders oder der Spenderin verbunden ist. Damit reihen sich die „Wohlstandsprediger“ übrigens problemlos in die Geschichte ein. Christen wurden verpflichtet, „Gute Werke“ zu tun. Wer das nicht schaffte, dem drohte die Kirche im Mittelalter mit der Hölle – es sei denn, es wurde gezahlt. Martin Luther litt unter dieser päpstlichen Drohung. Es ist sogar die Urszene der Reformation: Luther, der sich quält und verzweifelt, weil er es nicht schafft, ein ganz und gar guter Mensch zu sein – alle notwendigen „Guten Werke“ zu tun. Mit diesem Versprechen der mittel­alterlichen Kirche konnte Luther sich nicht anfreunden. Ist Gott wirklich so ein unbarmherziger Richter, fragte er sich. Muss ich in die Hölle, weil ich die geforderten Werke nicht erfüllen kann? Nein. Gott ist vielmehr liebender Vater. Das muss ich glauben, es ist das einzige „Werk“, das Gott fordert. Nicht durch Taten und nicht durch Spenden kann sich der Mensch Gottes ­Ansehen verdienen, es zählt nur der Glaube – das wurde zum Grundgedanken des Protestantismus. Natürlich hat man Luther vorgeworfen, er würde die Menschen von der Verantwortung lossprechen, diese Welt besser zu machen. So wollte er nicht verstanden werden: „Gute Werke“ tun ist für einen Gläubigen selbstverständlich. Wer allerdings die „Guten Werke“ für sich selbst, für sein „Seelenheil“, tut, der geht fehl.

Kein Christ muss spenden, schon gar nicht an eine Organisation, die im Gegenzug das irdische oder jenseitige Heil für den Spender oder die Spenderin verspricht. Es gilt aber auch: Wenn der eigene Glauben nicht dazu führt, „Gute Werke“ zu tun, Menschen in Not auch finanziell beizustehen, dann sollte man sich fragen, woran das liegt, und vielleicht noch einmal bei Luther nachlesen.

Konstantin Sacher
Aus: „chrismon“, das Monatsmagazin der Evangelischen Kirche. www.chrismon.de

Wer nur den lieben Gott lässt walten

500 Jahre Gesangbuch – Das Top-5-Lied im EG dichtete und komponierte Georg Neumark

Gesangbücher in einer Kirche

Wer nur den lieben Gott lässt walten 
und hoffet auf ihn allezeit,
den wird er wunderbar erhalten
in aller Not und Traurigkeit.
Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut,
der hat auf keinen Sand gebaut.

EG 369,1

Das Lied tröstet und macht Mut. Es lädt uns dazu ein, dass wir unsere Sorgen und Nöte nicht zu ernst nehmen, sondern vielmehr auf Gott und seine wunderbaren Möglichkeiten schauen. Dabei steckt das Lied voll biblischer Weisheit und der Theologie von Martin Luther (1483 – 1546).

„Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. … Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde.“ Mit Luthers Morgengebet wird Georg Neumark auch an jenem Herbsttag 1640 in den Tag gestartet sein, als er nach Königsberg reisen wollte, um dort Jura zu studieren. Doch seine Reisegruppe wird überfallen und ausgeraubt. Einige werden ermordet. Nur mit knapper Not kann der 19-jährige sein Leben retten und sich schließlich bis Kiel durchschlagen. Als er dort Anfang 1641 ankommt, ist er mit seiner Kraft und den Nerven völlig am Ende. Warum ist von Gottes gütigem Walten gar nichts zu sehen und zu spüren?

Da trifft er auf hilfsbereite Menschen, die ihm eine Stelle als Hauslehrer vermitteln. Glücklich dichtet er noch an diesem Tag das Lied: „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Es hat die Überschrift: „Trostlied. Dass Gott einen Jeglichen zu seiner Zeit versorgen und erhalten will. Nach dem Spruch: Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich wohl versorgen.“ Ich finde es erstaunlich, wie viel Lebenserfahrung in diesem Lied zu finden ist. Neumark ist gerade erst 20 Jahre alt, als er zum Beispiel den Tipp gibt: „Man halte nur ein wenig stille und sei doch in sich selbst vergnügt, wie unsers Gottes Gnadenwille, wie sein Allwissenheit es fügt.“

Auch mit seiner Komposition wendet der Dichter den Blick nach oben. Die Melodie steigt in ihrem höchsten Ton auf zu „Gott, dem Allerhöchsten“, um dann absteigend wieder festen Grund zu gewinnen. Von diesem Grund aus lässt sich mit neuem Mut singen: „Denn welcher seine ­Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt er nicht.“

Reinhard Ellsel

Bekanntgabe des endgültigen Wahlergebnisses

In Stephanus standen 9 Personen zur Wahl, von denen bis zu 4 Personen direkt gewählt werden konnten.

Wahlergebnis

Direkt gewählt wurden (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Christian Fenn
  • Wilfried Kohl
  • Jürgen Staub
  • Erika Zahn

Zusätzlich wurden am 4. November berufen:

  • Ingrid Fischer
  • Martin Neidiger

Die neu gewählten Kirchenvorstände werden am 1. Advent in ihr Amt eingeführt und ihre Arbeit aufnehmen. Sie tragen die Verantwortung für die strategische Ausrichtung der Gemeinden, Personalentscheidungen und die Gestaltung des Gemeindelebens. Ihr Engagement ist ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der kirchlichen Gemeinschaft und zur Förderung des christlichen Glaubens.

Pfarrerin Gabriele Edelmann-Richter für den Vertrauensausschuss

Dürfen Christen hassen?

Symbolbild: Bibel

„Wir wissen, wo du wohnst, und werden dich töten!“ Solche Nachrichten werden im Internet täglich vielfach verschickt. Sie werden Hatespeech (Hassrede) genannt. Aber nicht nur im Internet scheint Hass derzeit Konjunktur zu haben. In Medien, in Klassenzimmern oder auf Demos: Judenhass, Hass auf Politiker, Schwulenhass oder Hass auf Klimaaktivisten – die Formen sind vielfältig. Hass entsteht langsam, bleibt lange und führt nie zu etwas Gutem. Hass ist das Gegenteil von Liebe. Wie ist es im Christentum? Schon im Alten Testament steht: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Die Antwort auf unsere Frage scheint also nahezuliegen: Ein Christ hat zu lieben und darf nicht hassen. Aber so einfach ist es nicht, denn Hass ist als Emotion etwas, was sich nicht verhindern lässt. Wie Menschen sich verlieben, ob sie wollen oder nicht, so können sie sich auch „verhassen“ – wie es der spanische Philosoph José Ortega y Gasset einmal gesagt hat. Es wäre also unmenschlich, einem Christen das Hassen zu verbieten. Trotzdem steht der Hass dem christlichen Grundgebot der Nächstenliebe entgegen. Christen sollten sich dem Hass also nicht hingeben – falls er aufkommt. Hass als verboten zu brandmarken, macht es aber nur schlimmer. Hass ist eigentlich gesellschaftlich tabuisiert. Doch ist das Erkennen und Verstehen die einzige Möglichkeit, Hass zu beseitigen. Und das ist dringend notwendig, denn Hass ist tatsächlich gefährlich.

Hass richtet sich nicht auf eine Eigenschaft des Gegenübers, sondern auf das Hassobjekt als Ganzes. Jemanden zu hassen bedeutet, ihn zerstören zu wollen.

Jesus hat die Nächstenliebe erweitert: „Liebt eure Feinde“, sagt er sogar. Was für eine Zumutung! Und trotzdem steckt hier ein wichtiger Hinweis darauf, wie mit Hass umzugehen ist. Als die alttestamentlichen Könige David und Saul sich bekriegen und umzubringen versuchen, bekommt David die Möglichkeit, Saul aus dem Hinterhalt zu töten. Saul ist in eine Höhle gegangen, um sich zu erleichtern – ein urmenschliches Bedürfnis. David schleicht sich an, tötet Saul dann aber nicht – in diesem merkwürdigen Moment in der Höhle wird aus dem Feind ein Mitmensch. David tritt vor Saul und erzählt ihm, dass er die Chance hatte, ihn zu töten. Daraufhin lässt auch Saul sein Schwert fallen. Dazu gehört Mut, denn Saul hätte auch anders reagieren können. Die neue EU-Verordnung DAS (Digital Services Act) richtet sich nicht umsonst gegen Hass im Internet. Hier ist es einfacher, die Empathie auszuschalten, den anderen nicht als Mitmenschen zu sehen und so hassen zu können. Gut, dass die Politik dagegen vorgeht. Ein christlicher Blick fügt aber hinzu, dass auch die Hassenden Menschen sind, die es zu lieben gilt. Jeder Mensch hasst einmal, nur mit Empathie und Verzeihen – wie in der Geschichte von David und Saul – kann die Spirale des Hasses gebrochen werden.

Konstantin Sacher
Aus: „chrismon“, das Monatsmagazin der Evangelischen Kirche. www.chrismon.de