Das Licht kommt in die Welt

Wie aus den Heiligen Drei Königen die Sternsinger wurden

Gemalter Weihnachtsstern

In den Tagen um Epiphanias ziehen die „Sternsinger“ von Haus zu Haus, durch stille Dörfer und über belebte Großstadtstraßen. Doch der romantische Brauch täuscht. Denn an Epiphanias, „Erscheinung des Herrn“, wie das Fest im kirchlichen Kalender heißt, geht es gar nicht so sehr um den Auftritt der Könige (oder Weisen oder Sterndeuter) aus dem Morgenland. Sie geben in den biblischen Erzählungen lediglich liebenswerte Randfiguren ab.

Es geht um den Mensch gewordenen Gott. Die Christen feiern an diesem Tag den Aufgang des Lichtes, das keinen Untergang kennt, den Einzug des Gottkönigs in die Welt, das Offenbarwerden seiner Herrlichkeit.

Gemalte Sternsinger und der Weihnachtsstern

Von den weisen Männern, die dem Jesuskind im Stall von Bethlehem ihre Verehrung erwiesen haben, weiß nur der Evangelist Matthäus – ohne Angaben über ihre Zahl oder ihre Herkunftsländer zu machen. Die spätere Tradition hat die Geschichte fantasievoll ausgeschmückt und die Weisen zu morgenländischen Königen befördert.

Grafik: Pfeffer

Wie ein Abbild des pilgernden Gottesvolkes stapfen sie durch das Land, die Sternsinger, in weiße Betttücher oder farbenprächtige Gewänder gekleidet, Kronen aus Goldpapier auf dem Kopf, voran der lange Stab mit dem goldenen Stern. Die Gruppe hat eine uralte Tradition. Sie erinnert an die mittelalterlichen Dreikönigsspiele: dramatische Darstellungen des weihnachtlichen Geschehens, die in Kirchen und Klöstern aufgeführt wurden, als es noch kaum Bücher und wenige des Lesens kundige Leute gab.

Heute hat der alte Brauch einen guten neuen Sinn erhalten. Es sind nicht nur die katholischen Ministranten, sondern oft genug auch Jugendliche aus den evangelischen Nachbargemeinden, die in der malerischen Tracht der Könige aus dem Orient von Haus zu Haus ziehen, Lieder singen, ein Segensgebet sprechen und dafür Geld bekommen, das in der Regel für Missions- und Entwicklungsprojekte in der Dritten Welt verwendet wird. Mit den in Deutschland jedes Jahr gesammelten Millionenbeträgen werden unter anderem Ernährungsprogramme, ärztliche Versorgung, Hilfsprojekte für Straßen- und Flüchtlingskinder, Fördereinrichtungen für behinderte Kinder und Jugendliche und natürlich seelsorgliche Aufgaben finanziert. Es ist die weltweit größte Hilfsaktion von Kindern für Kinder.

Christian Feldmann

Der Weihnachtsstern

Bild einer roten Weihnachtssternpflanze


Er leuchtet bereits Wochen vor dem Fest. Meist auffallend blutrot, auch rosa, weiß oder cremefarben bis blassgrün. Mitten in der Winterzeit erhellt er die Wohnzimmer. Adventliche Wärme, Liebe und Hoffnung strahlt er aus. Der sogenannte Weihnachtsstern ist ein besonderer Festtagsschmuck – ein exotischer obendrein, denn „aufgegangen“ ist er ursprünglich in Mittelamerika. Neben Tannenzweig und Weihnachtsbaum hat er einen festen Platz erobert: als Topfpflanze auf der Fensterbank, oder als kleiner Hochstamm im Wintergarten.

Euphorbia pulcherrima, so der lateinische Name des Weihnachtssterns, gehört zur großen Familie der Wolfsmilchgewächse. Ein Teil der Gattung Euphorbia sieht den Kakteen zum Verwechseln ähnlich. Der Weihnachtsstern hingegen hat keine dornigen Attribute: Er besitzt langgestielte, sieben bis 15 Zentimeter große Blätter, die am Sprossende gefärbt sind. Die leuchtenden Hochblätter werden oft fälschlich als Blüten bezeichnet. Doch die stehen unscheinbar über den Hochblättern in kleinen Ständen.

Seine Verbindung zum Christfest hat der Strauch den jahreszeitlichen Gegebenheiten und damit den kürzeren Tagen nach dem Ende der Sommerzeit zu verdanken. Der Weihnachtsstern gehört nämlich zu den Kurztagspflanzen, die zur ­Blütenbildung täglich höchstens zehn bis zwölf Stunden Licht benötigen. Den Rest muss die Pflanze völlig unbeleuchtet sein. Hält dieses Gleichgewicht von Hell und Dunkel über einige Monate an, kann Euphorbia pulcherrima seine leuchtende Pracht entfalten. Für Hobbygärtner, die sich eine ganze Saison lang an ihrer Pflanze erfreuen und den Stern nicht für immer verblassen lassen wollen, bedeutet dies: ab Oktober einen Karton oder Eimer über den grünen Weihnachtsstern stülpen, um die lichtlose Stundenzahl zu erreichen (Achtung, auch Straßenbeleuchtung kann die Dunkelperiode unterbrechen!).

Wer diesen Aufwand scheut, greift natürlich lieber ins Verkaufsregal und holt den Weihnachtsboten im Festgewand ins Haus. Noch bis in den März hinein zeigt er Farbe. Nach dem Abblühen sollte er gestutzt werden und eine neue Chance bekommen. Denn wer den Weihnachtsstern pflegt, wird mit einem Leuchten am Jahresende belohnt.

Stefan Lotz