Wer nur den lieben Gott lässt walten

500 Jahre Gesangbuch – Das Top-5-Lied im EG dichtete und komponierte Georg Neumark

Gesangbücher in einer Kirche

Wer nur den lieben Gott lässt walten 
und hoffet auf ihn allezeit,
den wird er wunderbar erhalten
in aller Not und Traurigkeit.
Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut,
der hat auf keinen Sand gebaut.

EG 369,1

Das Lied tröstet und macht Mut. Es lädt uns dazu ein, dass wir unsere Sorgen und Nöte nicht zu ernst nehmen, sondern vielmehr auf Gott und seine wunderbaren Möglichkeiten schauen. Dabei steckt das Lied voll biblischer Weisheit und der Theologie von Martin Luther (1483 – 1546).

„Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. … Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde.“ Mit Luthers Morgengebet wird Georg Neumark auch an jenem Herbsttag 1640 in den Tag gestartet sein, als er nach Königsberg reisen wollte, um dort Jura zu studieren. Doch seine Reisegruppe wird überfallen und ausgeraubt. Einige werden ermordet. Nur mit knapper Not kann der 19-jährige sein Leben retten und sich schließlich bis Kiel durchschlagen. Als er dort Anfang 1641 ankommt, ist er mit seiner Kraft und den Nerven völlig am Ende. Warum ist von Gottes gütigem Walten gar nichts zu sehen und zu spüren?

Da trifft er auf hilfsbereite Menschen, die ihm eine Stelle als Hauslehrer vermitteln. Glücklich dichtet er noch an diesem Tag das Lied: „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Es hat die Überschrift: „Trostlied. Dass Gott einen Jeglichen zu seiner Zeit versorgen und erhalten will. Nach dem Spruch: Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich wohl versorgen.“ Ich finde es erstaunlich, wie viel Lebenserfahrung in diesem Lied zu finden ist. Neumark ist gerade erst 20 Jahre alt, als er zum Beispiel den Tipp gibt: „Man halte nur ein wenig stille und sei doch in sich selbst vergnügt, wie unsers Gottes Gnadenwille, wie sein Allwissenheit es fügt.“

Auch mit seiner Komposition wendet der Dichter den Blick nach oben. Die Melodie steigt in ihrem höchsten Ton auf zu „Gott, dem Allerhöchsten“, um dann absteigend wieder festen Grund zu gewinnen. Von diesem Grund aus lässt sich mit neuem Mut singen: „Denn welcher seine ­Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt er nicht.“

Reinhard Ellsel

Möge die Straße

500 Jahre Gesangbuch – Die Top 4 unter den Lieblingsliedern stammt von Markus Pytlik

Möge die Straße uns zusammenführen
und der Wind in deinem Rücken sein;
sanft falle Regen auf deine Felder
und warm auf dein Gesicht der Sonnenschein.

Das Lied steht zwar nicht im Evangelischen Gesangbuch, sondern nur in zahlreichen landeskirchlichen Liederbüchern. Aber es ist äußerst beliebt und wird gerne als Schluss- und Segenslied in Gottesdiensten gesungen. Das hängt natürlich auch mit der Formulierung im Refrain zusammen, die doppelt gesungen wird:

Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott dich fest in seiner Hand.

Die Idee zu diesem Lied brachte 1988 der Lehrer und Kirchenmusiker Markus Pytlik (*1966) von einer Reise nach Irland mit. Die erste Strophe mit Refrain dichtete und komponierte Pytlik nach einem „Irischen Reisesegen“. Die irischen Segenswünsche sind seit vielen Jahren auch bei uns beliebt. Ihre konkreten und manchmal überraschenden Formulierungen malen ermutigende und positive Bilder vor unsere Seelen. Für die Strophen 2 bis 4 verwendete Pytlik zudem Gedanken aus einem Buch mit „Irish Toasts“, den irischen Trinksprüchen.

„Möge die Straße“ ist ein Lied mit vielen guten Wünschen für einen Menschen, von dem wir für eine Zeit lang Abschied nehmen müssen. In diesem Segenslied steht der buchstäblich zu erlebende „Rückenwind“ im erweiterten Sinn auch für eine allgemeine Unterstützung im Leben, der „Sonnenschein im Gesicht“ für Wohlergehen und ein „weiches Kissen“ für Geborgenheit. Der Wunsch nach Geborgenheit und gutem Geleit wird durch den Refrain verstärkt, wobei nun Gott als Geber des Segens ausdrücklich genannt wird: „Bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand.“ Gott möge gut auf uns aufpassen und für mich und den anderen sorgen.

Nicht jeder findet die humorige Aussage über Tod und Teufel angemessen: „Sei über vierzig Jahre im Himmel, bevor der Teufel merkt: Du bist schon tot.“ Doch dahinter steht eine allgemeine Erfahrung. Beim Abschied überkommt uns manchmal der wehmütige Gedanke: Es könnte ja zum letzten Mal gewesen sein, dass wir uns gesehen haben. Und dann ist der Wunsch da: Gott möge uns auch in seiner Ewigkeit wieder zusammenführen.

Reinhard Ellsel

Großer Gott, wir loben dich

500 Jahre Gesangbuch – Das Top-3-Lied im Gesangbuch schrieb der Katholik Ignaz Franz

Gesangbuch mit Lied 331: Großer Gott, wir loben dich

Es ist ein erhebendes Lied und wird von evangelischen und katholischen Christen gleich gerne gesungen: „Großer Gott, wir loben dich“. Dieser ökumenische Schlager (Gotteslob 380 = EG 331) wurde auf Rang 3 der Lieblingslieder im Evangelischen Gesangbuch (EG) gewählt.

Vor 500 Jahren erschienen in Deutschland die ersten Gesangbücher.
Dies Jubiläum wird 2024 von der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD) gefeiert. Gleichzeitig ist bis 2030 ein neues evangelisches
Gesangbuch in Planung. Deshalb hat die EKD nach den fünf Liedern
gefragt, die auf jeden Fall im neuen Gesangbuch dabei sein sollen
.

Großer Gott, wir loben dich;
Herr, wir preisen deine Stärke.
Vor dir neigt die Erde sich
und bewundert deine Werke.
Wie du warst vor aller Zeit,
so bleibst du in Ewigkeit.

EG 331,1

Ignaz Franz, seinerzeit Rektor des Priesterseminars in Breslau, übertrug dazu 1768 den lateinischen Gesang „Te Deum laudamus“ aus dem 4. Jahrhundert ins Deutsche. Dieser alte Gesang hatte seit der frühen Christenheit den Rang eines kirchlichen Bekenntnisses. Und auch das Lied von Ignaz Franz ist ein Bekenntnis zum dreieinigen Gott, das sich wie das Apostolische Glaubensbekenntnis in drei Abschnitte aufteilen lässt. Die ersten fünf Strophen loben und preisen Gott entsprechend des 1. Glaubensartikels als „den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde“. Wenn wir das Lied singen, reihen auch wir uns ein in das ewige Lob der Engel, Apostel, Propheten und Märtyrer, ja der gesamten Schöpfung.

„Himmel, Erde, Luft und Meere / sind erfüllt von deinem Ruhm; / alles ist dein Eigentum.“

In der 5. Strophe wird das Lob der Gemeinde auf Jesus Christus und den Heiligen Geist erweitert. Die Strophen 6 bis 8 wenden sich an Jesus, „des Vaters ewger Sohn“, und beschreiben entsprechend des 2. Glaubensartikels die Heilstaten Jesu Christi für uns. Er hat

„uns Gottes Gnad gebracht, von der Sünd uns frei gemacht.“

Die letzten drei Strophen lassen uns schließlich als Gemeinde im Sinne des 3. Glaubensartikels zu Wort kommen. Wir bitten Gott und Jesus durch den Heiligen Geist, der nach dem Apostolischen Glaubensbekenntnis „die heilige christliche Kirche“ schafft und erhält, um Hilfe und Führung, um „Vergebung der Sünden und das ewige Leben“.

Herr, erbarm, erbarme dich.
Lass uns deine Güte schauen;
deine Treue zeige sich,
wie wir fest auf dich vertrauen.
Auf dich hoffen wir allein:
Lass uns nicht verloren sein.

EG 331,11

Die Melodie, die sich zu dem Text von Ignaz Franz durchgesetzt hat, geht – in ökumenischer Verbundenheit – auf die Fassung des Protestanten Johann Gottfried Schicht im „Allgemeines Choralbuch“ (1819) und des Katholiken Heinrich Bone im Gesangbuch „Cantate!“ (Mainz 1852) zurück.

Reinhard Ellsel

Geh aus, mein Herz, und suche Freud

500 Jahre Gesangbuch Das Top-2-Lied im Gesangbuch stammt von Paul Gerhardt

Vor 500 Jahren erschienen in Deutschland die ersten Gesangbücher.
Dies Jubiläum wird 2024 von der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD) gefeiert. Gleichzeitig ist bis 2030 ein neues evangelisches
Gesangbuch in Planung. Deshalb hat die EKD nach den fünf Liedern
gefragt, die auf jeden Fall im neuen Gesangbuch dabei sein sollen
.


Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben
Sommerzeit an deines Gottes Gaben; schau an
der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben.

EG 503,1

Frühling und Sommer laden dazu ein, dass wir uns an der schönen Schöpfung erfreuen. Der Dichter Paul Gerhardt (1607–1676) führt ein Selbstgespräch: „Geh aus, mein Herz, und suche Freud.“ Und über dieses Selbstgespräch nimmt er auch uns mit hinein in seine Freude. Der Bogen spannt sich von „Narzissus und die Tulipan“ über „die hochbegabte Nachtigall“ bis hin zu der „unverdrossnen Bienenschar“. Unsere Gedanken und Gefühle gehen auf die Reise von „der schönen Gärten Zier“ in die große und weite Schöpfung.

Zusammen mit der volksliedhaften Melodie von August Harder (vor 1813) haben vor allem die ersten drei der insgesamt 15 Strophen Eingang in viele Liederhefte gefunden. Auch außerhalb der Kirche werden bis heute auf unzähligen Fahrten durch die sommerliche Natur diese lebensvollen Zeilen gerne gesungen. Das Herz wird mir leichter. Hier in der Schöpfung kann ich so viel von dem lebendigen Atem Gottes sehen und spüren; von Gott, der nach der Sintflut gesagt hat:

Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte,
Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.

1. Mose 8,22

Reinhard Ellsel

Von guten Mächten

500 Jahre Gesangbuch – Dietrich Bonhoeffer dichtete das Lieblings-Kirchenlied im EG

Lied 65 im EG: Von guten Mächten

Vor 500 Jahren erschienen in Deutschland die ersten Gesangbücher.
Dies Jubiläum wird 2024 von der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD) gefeiert. Gleichzeitig ist bis 2030 ein neues evangelisches
Gesangbuch in Planung. Deshalb hat die EKD nach den fünf Liedern
gefragt, die auf jeden Fall im neuen Gesangbuch dabei sein sollen
.

Knapp 10.000 Teilnehmer haben dabei mitgemacht. Hiermit stellen wir
Ihnen die Top 1 unter den Lieblingsliedern vor: „Von guten Mächten“.

Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

EG 65,1

Dietrich Bonhoeffer (4.2.1906 – 9.4.1945) hat diesen Text in der
Adventszeit 1944 geschrieben – im Kellergefängnis der Gestapo-Zentrale
in Berlin. Der inhaftierte junge Pastor, der sich am Widerstand gegen
Adolf Hitler beteiligt hatte, musste in der damaligen Prinz-Albrecht-Straße
täglich mit seiner Hinrichtung rechnen.

Vor diesem Hintergrund gelesen, spricht das siebenstrophige Gedicht
eindrücklich von unserm Glauben, von unsrer Liebe und Hoffnung.
Bonhoeffer hat es am 19.12.1944 seinem Brief an seine Verlobte Maria
von Wedemeyer (1924 – 1977) beigelegt, als einen vielleicht letzten Gruß
an sie und seine Eltern zu Weihnachten und zum neuen Jahr.

In weiten Teilen ist es ein Gebet, in dem der Inhaftierte seine schlimme Situation vor
Gott bedenkt: „Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen …“
Das Gedicht ist öfters vertont worden. Besonders mit der Melodie von
Siegfried Fietz (*1946), der die letzte Gedichtstrophe zum Refrain
gemacht hat, ist das Lied äußerst beliebt geworden: zum Jahreswechsel,
bei Beerdigungen und überhaupt immer, wenn man an der Schwelle zu
Neuem steht.

Da ist es gut zu wissen, dass man von „guten Mächten“ begleitet wird. Seiner Verlobten hat Bonhoeffer erklärt, was er mit „guten Mächten“ meint: „Du, die Eltern, ihr alle, die Freunde und meine Studenten an der Front.“ Und weiter: „Deine Gebete, gute Gedanken, Worte aus der Bibel, längst vergangene Gespräche, Musikstücke und
Bücher“. Und natürlich auch Gottes Engel.

Die letzte Strophe ist zu dem geistlichen Vers geworden, der die Menschen
bis heute am Stärksten anspricht, Christen und Nichtchristen:

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

EG 65,7 / Refrain in EG-Anhängen

Reinhard Ellsel

Die Top 5 für das neue Gesangbuch

Gesangbuch in der Stephanuskirche

Vor 500 Jahren erschienen die ersten Gesangbücher. Dieses stolze Jubiläum
wird im Jahr 2024 von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gefeiert.
Gleichzeitig ist bis 2030 ein neues Evangelisches Gesangbuch in Planung. Es soll zunächst digital erscheinen, später auch in gedruckter Form. Im Rahmen dieser
Planungen hat die EKD nach den fünf Lieblingsliedern gefragt, die auf jeden
Fall im neuen Gesangbuch dabei sein sollen.

10 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben beim Gesangbuchwettbewerb #schickunsdeinlied mitgemacht und ihre persönliche Top 5 für das neue Evangelische Gesangbuch gewählt.

Die Gewinner:

  • Top 1: Von guten Mächten wunderbar geborgen. Text: Dietrich Bonhoeffer (1944), Melodie: Otto Abel (EG 65) und Siegfried Fietz (zahlreiche regionale Begleit- und Zusatzhefte).
  • Top 2: Geh aus, mein Herz, und suche Freud. Text: Paul Gerhardt (1653), Melodie: August Harder (vor 1813).
  • Top 3: Großer Gott, wir loben dich. Text: Ignaz Franz (1768) nach dem „Te Deum laudamus“ 4. Jahrhundert, Melodie: Lüneburg (1668), Wien (um 1776), Leipzig (1819).
  • Top 4: Möge die Straße uns zusammenführen (Irische Segenswünsche). Text (nach irischen Vorlagen) und Melodie: Markus Pytlik (1988).
  • Top 5: Wer nur den lieben Gott lässt walten. Text und Melodie: Georg Neumark (1641).

Kurschus ist neue EKD-Ratsvorsitzende

Annette Kurschus ist neue EKD-Ratsvorsitzende, hier ein Bild von ihr nach der Wahl

Die westfälische Theologin Annette Kurschus ist neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Synode wählte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen am Mittwoch mit 126 von 140 Stimmen zur obersten Repräsentantin der rund 20,2 Millionen deutschen Protestanten. Es gab vier Nein-Stimmen und zehn Enthaltungen. Die 58-jährige Kurschus war zuvor bereits stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende und ist nach Margot Käßmann die zweite Frau an der Spitze der EKD in deren Geschichte. Sie folgt auf Heinrich Bedford-Strohm, der nicht für eine weitere sechsjährige Amtszeit kandidierte.

Schick uns Dein Lied!

Wir suchen die Top 5 für das neue Gesangbuch.

„Lobe den Herrn“ oder „Da wohnt ein Sehnen tief in uns“? „Anker in der Zeit“ oder „Von guten Mächten“? Welches Lied singen Sie am liebsten im Gottesdienst? Was ist Ihr persönlicher Hit? Genauer gefragt: Was ist Ihre TOP 5? Denn genau die suchen wir. Und zwar für das neue Gesangbuch, das bis 2030 erscheinen soll. Dabei können Sie uns unterstützen. Ab Sonntag, 2. Mai, können Sie drei Monate lang Ihre Favoriten im Internet eintragen. Die Songs also, die auf jeden Fall im neuen Gesangbuch stehen müssen.

Das neue „Gesangbuch“ wird viele Hintergrundinfos und deutlich mehr Lieder enthalten. Auf der Website dazu finden Sie viele weitere Informationen zur Entstehung des neuen Gesangbuchs, die Geschichte des evangelischen Gesangbuchs und ein Anmeldeformular für den E-Mail-Newsletter, der regelmäßig erscheint.