Predigt zum 1. Advent 2020 Sach. 9,9-10 von Pfarrerin Gabriele Edelmann-Richter
– Anspiel Konfirmanden –
Liebe Gemeinde,
da kommt er also – die Menschen jubeln, recken die Hälse, schwenken ihre Fähnchen, klatschen.
Haben Sie das schon einmal erlebt, wenn so eine Berühmtheit vorbeikommt?
Ich habe es zuletzt erlebt, als vor ein paar Jahren das niederländische Königspaar in Nürnberg war.
Überall Security und Polizeimotorräder, die Altstadt war gesperrt für Fahrzeuge, die Straßen waren gesäumt von Menschenmassen.
Oder – ganz aktuell – wer diese Woche die Nachrichten verfolgt hat, hat die Bilder aus Argentinien vor Augen, als Diego Armando Maradonnas Sarg eskortiert wurde und diese Fußballlegende auch noch im Tod wie ein Superstar gefeiert wurde.
Wie anders verhält es sich da doch mit dem Friedensfürsten, den wir Christen erwarten?
„Wie soll ich dich empfangen und wie begegn‘ ich dir?“, so haben wir vorhin gesungen.
Kein Glanz, kein Glamour!
Der König, den uns die Bibel ankündigt, kommt auf einem Esel daher, ganz ohne Sicherheit. Die Füße des Königs schleifen auf dem Boden. Es fehlt jeglicher Stolz eines Königs!
Der Esel, das Transporttier der armen Leute, spielt in Jesu Leben eine große Rolle.
Auf einem Esel sitzt Maria, als sie mit ihrem Verlobten Joseph zur Volkszählung nach Bethlehem zieht, wo dann das Wunder aller Wunder geschieht: Gott wird Mensch!
Auf einem Esel reitet Jesus nach Jerusalem hinein, wo sich der Lebenskreis Jesu wieder schließt, als er nach einem freudigen Empfang am Palmsonntag wenige Tage danach ans Kreuz geschlagen wird.
Vielleicht auch deswegen, weil er die messianische Erwartung seiner Anhänger nicht erfüllt hat.
Die große Hoffnung des jüdischen Volkes lag damals vor 2000 Jahren darin, endlich die Römer aus dem Land zu jagen, die mit der Verehrung des römischen Kaisers vor allem den Juden ein Dorn im Auge waren.
Doch wer die Schriften des AT kannte, konnte ahnen, dass es sich bei dem Messias, der da kommen soll, nicht um einen Feldherrn handelt, der mit bester Kriegs- und Waffentechnik ausgestattet ist.
Der Prophet Sacharja schreibt, dass mit dem neuen König jedes Kriegsgerät und jegliche Waffen aus dem Land verschwinden sollen. Abrüstung auf der ganzen Linie!
Das Ende von militärischer Drohung und Gegendrohung, von Gewalt und Gegengewalt.
Und schon sind wir auf einmal mittendrin in unserer Situation heute:
An den Ostgrenzen Europas, in Afghanistan, in vielen Ländern Afrikas scheinen die Kriege niemals aufzuhören.
Auch in vielen westlichen Ländern gibt es ein Säbelrasseln und herrisches Auftreten von selbsternannten Beschützern der Nation.
Nicht zuletzt dieses gespenstige Virus, das mit Heimtücke die ganze Welt lahmzulegen scheint.
Alles in allem ein Wahnsinn!
Das ist die Lage, in der wir in diesem Jahr Advent feiern!
Da wird das Trostwort des Sacharja, welches wir im Anspiel gehört haben, zu einer klaren Herausforderung.
Auf welche Seite stellen wir uns mit unserem Denken, Reden und Handeln?
Auf die Seite derer, die um sich schießen – und sei es mit Worten?
Oder auf die Seite des angekündigten Messias, dessen Königreich sich ganz anders ausbreitet?
„Euer König stiftet Frieden unter den Völkern, seine Macht reicht von einem Meer zum andern!“
Wie wird der Friedefürst das machen?
Auch dieses Wie beantwortet Sacharja, indem er schreibt:
„Er bringt Euch Gerechtigkeit und Rettung!“
Das heißt, er hat Recht bekommen von seinem himmlischen Vater und er sorgt für Gerechtigkeit auf Erden.
Ihm ist geholfen worden von seinem himmlischen Vater und er hilft den Menschen auf Erden.
Gott selber steht hinter ihm!
Jesus muss keine Machtmittel und Waffen einsetzen, um sein Reich abzustecken.
Demut und der Mut zum Dienen sind seine Stärken!
So verschafft er der Gerechtigkeit Raum und so bringt er Menschen Hilfe, wo sie hilflos und überfordert sind.
Für uns heute bedeutet das:
Der Glaube an Jesus als der Hoffnungsträger macht uns stark im Kleinen zu Hause, in der Familie, im Freundeskreis.
Der Glaube an Jesus macht uns stark, um für Gerechtigkeit zu sorgen.
Der Glaube an den Hoffnungsträger macht uns bereit dafür, uns für den Frieden in unserer Gesellschaft einzusetzen, aufzubegehren und einzuschreiten, wo die Not sichtbar wird.
Jeder von uns hat da einen Menschen vor Augen, der zur Zeit in besonderer Not ist, ein Mann, der alleine wohnt, eine Frau, die sich nur noch im Haus aufhalten kann oder jemand, der sein Bett gar nicht mehr verlassen kann, oder Menschen, die sich nicht mehr zum Einkaufen wagen, weil sie sich nicht gefährden wollen.
Auch gibt es in unserem Stadtteil viele Menschen, die zur Zeit von Arbeitslosigkeit bedroht sind oder die Schüler, die schon wieder ins Homeschooling müssen…
„Mission Eine Welt“ hatte da für die Adventszeit eine Idee:
Gerade in dieser schwierigen Zeit könnten wir uns vornehmen, uns um einen dieser Menschen in Not zu kümmern.
Ich habe hier an der Seite die Idee von „Mission eine Welt“ aufgegriffen. Da hängen Postkarten, von denen sie sich nachher gerne eine mitnehmen dürfen und dann an jemanden verschicken, dem sie eine Freude machen wollen.
Wir sind keine Heerführer und Strategen, die die Weltgeschichte verändern wollen, wir fangen im Kleinen an und ziehen doch unsere Helferkreise, die am Friedensreich Gottes arbeiten, immer weiter, wenn wir heute auch an die Menschen in den armen Ländern dieser Erde denken.
Die diesjährige Aktion von Brot für die Welt steht unter dem Motto: „Kindern Zukunft schenken.“
Ganz gezielt geht es dabei um die Bekämpfung von Kinderarbeit auf den Philippinen.
Die Partnerorganisation von Brot für die Welt: Quidan Kaisahan wurde 1996 gegründet. Sie tritt in der philippinischen Provinz Negros Occidental für die Überwindung der Armut, das Ende der Kinderarbeit sowie das Recht auf Bildung ein. Das aktuelle von Brot für die Welt unterstützte Projekt richtet sich an ca. 2000 Kinder und deren Familien. Sie erhalten unter anderem kostenlose Schulmaterialien und Förderunterricht. Ihre Eltern werden in nachhaltigen Anbaumethoden geschult und bei der Gründung von Kleinstunternehmen unterstützt.
Dieses Projekt ist aber nur eines von vielen, das von Brot für die Welt gefördert wird. Vor allem Kinder auf der Südhalbkugel hoffen in diesem Jahr auf Hilfe.
Liebe Gemeinde,
Sie sehen schon, so verwandelt sich die Erwartung des Friedefürsten und die Vergrößerung seines Friedensreichs in ganz praktische Solidarität mit denen, die alleine nicht mehr auf die Beine kommen.
Wir selber können Friedensbringer sein und auch den Friedensbringer in unsere Herzen lassen, wenn wir ihm in den nächsten vier Wochen den Weg bereiten.
Heute haben wir die erste Kerze am Adventskranz angezündet und an den nächsten Sonntagen wird es dann immer heller auf dem Weg nach Weihnachten.
Ich verspreche Ihnen:
Dann stellt sich Freude ein, wenn er kommt, der König, der Gerechte und der Helfer!
AMEN.