Zäher Brückenbauer

Vor 525 Jahren wurde Philipp Melanchthon geboren

Philipp Melanchthon

Im Sommer 1518 kam ein einundzwanzigjähriges Wunderkind an die Universität Wittenberg, ein gewisser Philipp Melanchthon, der schon mit zwölf in Heidelberg studiert und mit siebzehn seinen Magister gemacht hatte. Bis zu 600 Hörer strömten in seine Griechisch-Vorlesungen. Der messerscharfe Denker begann eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem vierzehn Jahre älteren Martin Luther, Professor für biblische Theologie: „Ich habe von ihm gelernt, was das Evangelium ist“, sagte Melanchthon über Luther, und der revanchierte sich mit dem Bekenntnis, Philippus sei ihm „sehr lieb“, denn „wo ich zu hitzig wurde, hat er mir immer den Zügel gehalten und Frieden und Freundschaft nicht sinken gelassen“.

Philipp Melanchthon – geboren am 16. Februar 1497, vor 525 Jahren, im baden-württembergischen Bretten nahe Karlsruhe – verband Luthers Visionen mit humanistischer Gelehrsamkeit und brachte so die reformatorischen Ideen in eine solide Systematik. In ihrer Persönlichkeit waren sie denkbar verschieden: Luther der stürmische Kraftmensch, der gern mit dem Kopf durch die Wand wollte, hitzig, reizbar, cholerisch, in seinen Attacken oft maßlos übertreibend – Melanchthon vorsichtig, stets auf Ausgleich bedacht, klug abwägend, aber auch ängstlich und risikoscheu. Ihre Motivation jedoch war dieselbe: der Traum von einer geläuterten, zum Ursprung zurückgeführten Kirche und die Liebe zur Bibel, die wieder alleiniger Maßstab christlicher Lehre werden sollte.

Melanchthons intellektuelle Fähigkeiten machten ihn zum idealen Vermittler bei den vom Kaiser und von Rom veranstalteten „Religionsgesprächen“. Beim Augsburger Reichstag 1530 gelang es ihm, mit der von ihm redigierten „Confessio Augustana“ die verschiedenen Fraktionen der Reformation unter einen Hut zu bringen – und eindrucksvoll zu zeigen, dass die Protestanten treu auf dem Boden der kirchlichen Tradition standen.

Doch dann erhob sich Kritik aus dem eigenen Lager: Melanchthon musste sich wachsweiches Kompromisslertum und die Preisgabe eiserner reformatorischer Grundsätze vorwerfen lassen – spätestens als er sich von Luthers grober Polemik gegen das Papsttum abgrenzte und eine kollegiale Kirchenleitung durch die
Bischöfe mit einem Ehrenprimat des Papstes zur Diskussion stellte.

Enttäuscht und müde starb Melanchthon am 19. April 1560. Auf seinem Schreibtisch fand man einen Zettel, auf dem es hieß: „Du kommst zum Licht. Du wirst Gott schauen und den Sohn sehen.“

Christian Feldmann