Dürfen Christen hassen?

Symbolbild: Bibel


„Die ihr den Herrn liebet, hasset das Arge!“, heißt es in Psalm 97,10. Auch die Bibel ruft manchmal zu Hass auf gegen Feinde oder Menschen, die anders sind, Abweichendes glauben oder dem eigenen Glauben entgegenstehen. Mit einem hasserfüllten Aufruf endet Psalm 137: „Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschmettert!“ Vielleicht auch wegen solcher Passagen hat sich bei manchen Menschen, die sich Christen und Christinnen nennen, eine Feindschaft gegen Muslime und Juden, gegen Schwarze, Zuwanderer, Schwule und Lesben im Herzen eingenistet, die zuweilen in Gewalt umschlägt.

Manchmal ist die Bibel sehr klar: Es gilt, Geschwister, Nächste und sogar Feinde zu lieben. „Gott ist Liebe“, betont der 1. Johannesbrief 4,16: „Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ Der Theologe Friedrich Wilhelm Graf bringt das so zusammen: „Gott mag das Böse als Inbegriff des ihm Widerwilligen hassen. Aber er ruft deshalb nicht zum Kampf gegen die Bösen auf. Denn seine Gnade und Güte gelten auch jenen, die sich von ihm loszureißen versuchen.“

Und dann gibt es noch die hochethische Empfehlung Jesu aus dem Neuen Testament:

„Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar … Und wenn dich jemand eine Meile nötigt, so geh mit ihm zwei“

Matthäus 5,39–41

Wer sich seine Hassgefühle eingesteht, kann versuchen, sich zu ändern. Ganze Gesellschaften haben sich von solchem Bemühen prägen lassen: Die amerikanische Gesellschaft ließ sich auf die Ziele der Bürgerrechtsbewegung ein. Südafrika beendete – zumindest gesetzlich – die Apartheid. Die angeblichen „Erbfeinde“ Deutschland und Frankreich wurden Verbündete. Konfessionshass wich ökumenischem Geist. Hassreden und -taten mögen manchem das Hochgefühl geben, sich über andere erheben zu können. Größer als dieser Kick ist aber allemal der Lohn, in einer friedlichen Gesellschaft zu leben.

Eduard Kopp
Aus: „chrismon“, das Monatsmagazin der Evangelischen Kirche. www.chrismon.de