Schöpfung bewahren

Symbolbild: Bibel


Nicht die Schöpfung ausbeuten, sondern sie gestalten und bewahren – das solle der Mensch tun, bekräftigte 1983 der Ökumenische Rat der Kirchen, eine Art Weltkirchenversammlung. Nicht erst seither streiten Christinnen und Christen in aller Welt für „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“. Die Schöpfung zu bewahren, das bedeutet für die Kirchen nicht nur Arten- und Klimaschutz. Es geht umfassender darum, Lebensgrundlagen und -verhältnisse aller Menschen zu schützen: ob sie vom Regenwald am Amazonas leben oder als Banker in Singapur; ob sie sich Inuit nennen oder in der Lausitz mit dem Kohlebergbau leben.

„Schöpfung bewahren!“, das schreiben sich Schülerinnen von Fridays for Future auf ihre Transparente, ebenso Menschen, die für eine Verkehrswende streiten. Dabei lässt gerade so ein Slogan viele Fragen offen. In welchem Zustand soll die Schöpfung bewahrt werden? Wie sie vor der Industrialisierung war oder in der Antike? Aus den biblischen Schöpfungserzählungen lässt sich jedenfalls kein von Gott gewollter „Urzustand“ der Welt rekonstruieren.

In der Bibel geht es nicht um das, was einmal war. Ihre Schöpfungserzählungen sind nach vorne gerichtete Lehrtexte, die eine positive Lebenseinstellung vermitteln sollen: dass die Schöpfung in den Augen Gottes gut ist. Zugleich vermitteln sie auch ethische Grundwerte. Das Geschöpf Mensch sei Gott zu Dankbarkeit verpflichtet, so Martin Luthers Zusammenfassung im „Kleinen Katechismus“. „Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat mit allen Geschöpfen, mit Leib und Seele, Augen, Ohren und allen Gliedern, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält . . . Für all das habe ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein.“
Die biblischen Schöpfungserzählungen sind Glaubensdokumente, zweieinhalb Jahrtausende alt. Sie beschreiben, dass Menschen die Schöpfung Gott verdanken und deshalb für sie Verantwortung übernehmen sollen. Die biblischen Autoren kannten diese Schöpfung anders als wir. Hätten sie geahnt, was in den Jahrhunderten nach ihnen daraus werden würde, es hätte sie zu Tode erschreckt.

Für sie dürften Massentierhaltung und Qualzucht weit entfernt von allem sein, was sie noch für verantwortbares Handeln hielten. Im Vergleich zu diesen Entgleisungen menschlichen Handelns ist die Versuchung, biblische Aussagen politisch zu instrumentalisieren, verzeihlich. Dass so alte Erzählungen überhaupt ihre Kraft behalten haben, spricht für sie.

Eduard Kopp
Aus: „chrismon“, das Monatsmagazin der evangelischen Kirche. www.chrismon.de