Zu schön, um wahr zu sein? Ewiges Leben

Abstraktes Gemälde von einem Mann, der in die Ferne blickt.

„Der Tod – der Anfang von etwas!“ sinnierte Edith Piaf. Und als der berühmte Naturwissenschaftler Louis Gay-Lussac 1850 starb, murmelte er: „Es fängt an, interessant zu werden.“ Die hartnäckige Hoffnung, nicht für immer verloren zu gehen und im Nichts zu verschwinden, gehört zum Menschenleben. Religiöse Menschen kleiden diese zaghafte Gewissheit seit jeher in bezaubernde Bilder:


„Doch du holtest mich lebendig aus dem Grab herauf, Herr, mein Gott“

Jona 2,7

„Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde. Ich sah die Heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen. Er wird in ihrer Mitte wohnen. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen. Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen“

Offenbarung 21


Die Radikalität des Todes wird damit nicht geleugnet: Wer stirbt, geht für immer aus unserer Mitte fort, der Körper verwest und zerfällt. Aber die Wärme und das Licht, die ein Mensch ausgestrahlt hat, leben weiter. Ideen, Visionen, Energien überdauern den Tod, die liebevolle Verbundenheit untereinander bleibt. So ähnlich begründet christlich-jüdische Weltsicht das Vertrauen auf ein Weiterleben: Wenn der lebendige Gott sich freundschaftlich und treu an Menschen bindet und jedem Menschen Würde verleiht, wird er dann diesen Menschen je ins Nichts versinken lassen?

Mein Leben:
ein Raum,
gewebt in sein Wort.

Um mich
ein Haus aus Liebe,
die bleibt.

Tina Willms

Der Glaube an das ewige Leben gehört in die Liebesgeschichte zwischen Mensch und Gott hinein. Liebe lässt sich nicht beweisen, sondern nur erfahren, riskieren. Ewiges Leben meint nicht einfach eine Weiterexistenz in endloser Dauer, sondern eine neue Lebensqualität: selige Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott.

Tausend Jahre seien vor Gott wie ein Tag, sagt man und stellt sich die Ewigkeit als endlose Verlängerung unserer irdischen Zeit vor – keine angenehme Aussicht. Doch die theologische Rede vom ewigen Leben meint eine ganz andere Dimension von Zeit.

Christian Feldmann