Wir tragen Verantwortung

Symbolbild mit Monatsspruch: Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen! (Sprüche 31,8)


Es ist Großes, was die Mutter da von ihrem Sohn, König Lemuel, fordert. Bier und Wein sowie den Verkehr mit Frauen hat sie ihm schon verboten – und jetzt auch noch das: Lemuel soll sich um all die Schwachen kümmern, die in Elend und Armut leben. All jenen, die sich nicht selbst helfen können, soll er ihr Recht verschaffen. Lemuel befindet sich in einer machtvollen Position, damit trägt er eine große Verantwortung.

In der heutigen Zeit sind Könige zur Seltenheit geworden. Nicht auf einer Person liegt nunmehr die Verantwortung, sondern auf jedem Einzelnen. Demokratie bedeutet allerdings nicht, dass wir in Deutschland 82 Millionen Königinnen und Könige haben. Demokratie ist mehr, als einmal in vier Jahren seine Stimme abzugeben. Demokratie bedeutet auch, seine Stimme zu erheben: gegen Ungerechtigkeit, Diskriminierung und Ungleichheit.

Auch als Christinnen und Christen tragen wir Verantwortung. Gegenüber Menschen, die hungern. Gegenüber Menschen, die in Kriegen sterben. Gegenüber Menschen, die auf der Flucht sind, in Flüchtlingslagern ausharren oder im Mittelmeer ertrinken. Denn das Gebot der Nächstenliebe endet nicht an den Grenzen von Ländern, Religionen oder Kulturen. Es gilt universal. Am Ende müssen wir Rechenschaft abgeben für unsere Taten und für das, was wir unterlassen haben. In dieser Verantwortung stehen wir gegenüber uns selbst wie auch gegenüber unseren Mitmenschen. Und am Ende auch gegenüber Gott.

Detlef Schneider

Öffne deinen Mund für die Stummen und das Recht aller Schwachen

Der EKD-Ratsvorsitzende ermuntert und bestärkt mit seinen Videobotschaften die Menschen.

„Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht aller Schwachen!“ Das ist der Monatsspruch für den jetzt gerade begonnenen Monat Mai. Und es fügt sich, dass diese Worte aus Sprüche 31 genau zu dem Thema soziale Gerechtigkeit passen, das am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, mit guten Gründen im Zentrum stand.

„Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht aller Schwachen!“ Für mich ist dieser Monatsspruch ein Aufruf dazu, diejenigen wahrzunehmen, die nicht oder kaum an dem Wohlstand teilhaben, den Deutschland insgesamt genießt. 13,2 Millionen Menschen verfügen über weniger als 1074 Euro im Monat. Das ist die Armutsrisiko-Grenze in Deutschland. Alles müssen sie davon bezahlen. Viele von ihnen arbeiten hart, oft in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen, die in schlechten Zeiten einfach wegbrechen – erst recht jetzt in der Coronazeit. Kurzarbeiterinnen, Solo-Selbständige, Kleinunternehmer, auch manchmal Kulturschaffende stehen kurz vor dem Ruin, hangeln sich wirtschaftlich von Woche zu Woche.

„Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht aller Schwachen!“ Wenn wir das ernst nehmen, dann müssen wir jetzt darauf achten, dass nicht noch mehr Menschen in Armut geraten und denen, die schon jetzt in Not sind, rausgeholfen wird. Alle müssen wir zusammen helfen, wenn die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu bewältigen sein werden. Auf gar keinen Fall darf bei den Schwächsten gespart werden. Denn, so heißt es an anderer Stelle im Buch der Sprüche, „Gerechtigkeit erhöht ein Volk“.

Geht gesegnet und behütet in diesen Tag.

Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm,
Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)