Geheimnis des Seins

Wenn die Stille sich nicht nur um uns breitet, sondern es auch in uns still geworden ist, dann ist das ein wundervoller Moment, ein Augenblick von großem Glück. Nichts stört uns mehr. Keine Gedanken wollen uns ablenken oder wegbringen aus diesem Zustand. Wir sind ganz bei uns. Wir sind eins mit uns und eins mit allem, was ist. Schweigen ist etwas Kostbares und zugleich Zartes. Wir spüren, dass wir es nicht besitzen können. Wir können die Stille nur sanft berühren. Wollen wir sie aber festhalten, entschwindet sie wieder. Aber solange sie da ist, erahnen wir etwas vom Geheimnis des Seins, vom Geheimnis des Lebens, vom Göttlichen.

„Die Stille ist wie eine zarte Blüte im Morgentau, erfrischend und vergänglich zugleich“.

P. Memmert

Zerbrechliche Schönheit


Vor Kurzem sah ich auf einem Spielplatz ein Mädchen stehen und Seifenblasen pusten. Ganz versunken stand sie da und blies vorsichtig und konzentriert. Manchmal zerplatzten die schillernden Blasen schon vor dem Fliegen; manchmal kamen keine, selten schaffte sie ganz große. Und wenn sie flogen, haben die anderen Kinder oder Geschwister versucht, sie zu fangen. Fasziniert schaute ich zu. Wenn niemand die Seifenblasen zerklatschte, konnte ich länger die Farben bestaunen: Für Momente war es wie ein Regenbogen. Mit jeder Drehung tauchten wieder andere Farben auf. Das Mädchen konnte durch vorsichtiges Pusten eine kleine Weltkugel voller Farben zaubern. Es war ihr anzusehen, dass das für sie ein unglaublich erhebendes Gefühl war.

Aber damit verbunden war auch Trauer: Kleine Seifenblasen zerplatzten schon, noch bevor sie richtig fliegen konnten. Besonders gelungene flogen unaufhaltbar davon. Sie waren nicht zu bewahren. Seifenblasen festhalten zu wollen, bedeutet, sie zu zerstören. Nur für wenige Momente scheinen sie einem zu gehören, dann lösen sie sich und fliegen himmelwärts.

So ist es wohl mit allem Schönen in unserem Leben. Es ist herrlich, wenn man es zu genießen weiß. Aber wir können es nicht festhalten. Es ist immer nur für den Moment. Aber dieser Moment ist kostbar und wertvoll. Wer sich gleich schon mit dem Gedanken beschwert, dass er vergehen wird, der nimmt sich den Zauber der Schönheit.

Eigentlich macht gerade die Zerbrechlichkeit die Schönheit so wertvoll: Was für ein Glück, ein Kinderlachen zu hören! Was für ein Glück, den Sonnenuntergang zu sehen! Was für ein Glück, den Duft des Flieders zu riechen!

Wir wissen: Kinder werden groß, die Nacht beendet das Sinken der Sonne, der Flieder verblüht. Aber gerade diese Erinnerungen sind so schön, dass sie ein ganzes Leben lang uns lieb bleiben. Unermesslich aber ist Gottes Reichtum an schöpferischer Kraft: Neue schöne Momente werden kommen.

Wenn wir immer nur der einen schönen Seifenblase nachschauen und nachtrauern, dann werden wir die anderen gar nicht bemerken. Wenn wir sie ziehen lassen, können wir neue Seifenblasen entstehen lassen und bestaunen. Und wieder und wieder daran froh werden.

Gott weiß immer neue Schönheit in unser Leben zu bringen. Auch sie klein und zerbrechlich, auch sie vergänglich. Aber gerade darum so kostbar und beglückend.

Diese Erfahrung wünscht Ihnen immer wieder!

Judith Lena Böttcher, Pfarrerin der Thomaskirche

Unsere Kirchen sind offen

Die Corona-Pandemie hat uns noch immer fest im Griff und unsere Möglichkeiten mit jemandem in Kontakt zu treten sind eingeschränkt. Die gute Nachricht: Wir haben nach wie vor die Möglichkeit jederzeit mit Gott in Verbindung zu treten, Gott sei Dank! Trotz vieler Einschränkungen gibt es noch Angebote im Corona-Alltag, zum Beispiel ein Besuch unserer Kirchen.

Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.

Psalm 62,2

Die Türen sind tagsüber geöffnet und Sie sind herzlich eingeladen. Ein paar Augenblicke der Stille, zur Ruhe kommen, ein Gebet, das Herz ausschütten oder einfach in der Gegenwart Gottes verweilen, durchatmen und Kraft tanken.

Gott wartet auf Sie – natürlich nicht nur in der Kirche – und freut sich auf die Begegnung mit Ihnen. Die Kirche als Ort kann hierzu hilfreich sein. Im Eingangs-bereich finden Sie auch verschiedene Impulse. Daher: Herzliche Einladung, schauen Sie doch mal rein

Markus Koppenmeier

Rückzugsorte

Mann lehnt mit dem Rücken an einem Baum und schaut einsam in die Ferne - Symbolfoto

Rückzugsorte sind wichtig. Der Aufenthalt an einem Rückzugsort ist keine Flucht vor dem Leben. Man flieht nicht, sondern nimmt Zuflucht zu einem Ort, an dem man sich geborgen und getragen fühlt. Sich für den Tag einen Freiraum an diesem besonderen Ort zu schaffen und wissend, dass dieser „FREIRAUM“ außerhalb von Arbeit, Haushalt, Familie und Freizeit liegt, kann sehr erfüllend sein. Und es hat schon was von Vorfreude, sich etwas vorzunehmen, nur für sich und die Gedanken schon mal dahin zu schicken. Zur Ruhe kommen an diesem Rückzugsort, zur Stille kommen in meinem inneren Raum, meinem inneren Zufluchts- und Rückzugsort, zu dem der Alltag, der Lärm, die Welt keinen Zutritt hat. Ein Ort, an dem ich allein sein kann und im Allein-sein das All-eins-Sein erfahren darf. Am Abend einige Augenblicke nur für mich.

Allein sein! All-eins-sein!

„Stille. Zwischen Schweigen und Ruhe wohnt die Stille. In Schweigen und Ruhe geschieht Stille. Aus Schweigen und Ruhe in der Stille plötzlich die Begegnung, die Verwandlung. Ich und du, Gott.“

nach den Benediktinern von Meschede

P. Memmert