Glockenreparatur Teil 3

Am dritten Tag auf dem Kirchturm unserer Stephanuskirche war die Fertigstellung zum Greifen nah. Eigentlich mussten nur noch Kleinigkeiten erledigt werden. Wie das aber immer so ist, halten die bekanntlich am längsten auf. Der Handwerker wollte um die Mittagszeit eigentlich schon mit dem Anschluss der Glockenmotoren fertig sein. Als ich dazu gekommen bin, war aber erst die Hälfte der Arbeit geschafft.

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Verdrahtung

Bevor die Programmierung der Elektronik erfolgen konnte, musste diese natürlich erst noch fertig angeschlossen werden. Die einzelnen Adern der Kabel sind entweder aufsteigend nummeriert oder farblich gekennzeichnet. Anhand eines Verdrahtungsplanes vom Hersteller wird das Strom- und das Steuerkabel den Vorgaben entsprechend am Glockenmotor angeschlossen. Die kleinen Adern sind mit kalten Händen und bei schlechten Lichtverhältnissen bestimmt noch schlechter zu montieren als es jetzt schon der Fall war. Zum Glück sind wir bei normalen Temperaturen hier oben!

Der Motor der Glocke III ist ganz oben auf dem Glockenstuhl befestigt. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse wäre es sehr schwierig eine Leiter aufzustellen und so heißt es Klettern und dann irgendwie festhalten. Für das Werkzeug das man benötigt ist auch zu wenig Platz und so geht es ständig hoch und runter – das hält auf! Passt man einmal nicht auf, stößt man sich sofort irgendwo den Kopf. Nach drei Tagen bin ich aber auch schon geübt und weiß wo die gefährlichen Stellen sind. Oder ich bewege mich grundsätzlich nur noch langsam in gebückter Stellung vorwärts. Auf den nachfolgenden Bildern sieht man, dass das Motorritzel, also das Zahnrad auf dem die Kette läuft, einen Gegenpart auf der anderen Seite des Glockenmotors besitzt. Auch dort ist ein Zahnrad angebracht, das sich synchron zum Ritzel bewegt. Hier ist die elektronische Kontrolleinheit des Motors angebracht, die Zahn für Zahn mitzählt und später so genau die hinterlegte Bewegung steuert und kontrolliert.

Nachdem die Motoren angeschlossen waren und alle dazugehörigen Kabel in entsprechenden Kabelschutzrohren verschwunden sind, mussten noch die Abdeckkappen für die Motoren entsprechend angepasst werden. Diese schützen so gut es geht das Ritzel und wurden an den Ketteneingängen und -ausgängen entsprechend freigeschnitten.

Anschließen der Klöppelfänger

Auch die Klöppelfänger benötigen noch einen Stromanschluss für den Elektromagneten, der die Haltevorrichtung später entsprechend auslöst und so den Klöppel freigibt beziehungsweise ihn am Ende wieder einfängt.

Da sich dieser mit der Glocke beim Läuten mit bewegt, musste das Stromkabel so befestigt werden, dass es dauerhaft beweglich ist und im besten Falle dadurch nicht beschädigt wird. Von einer Verteilerdose am Glockenstuhl geht es mit einem flexiblen Stromkabel in einer großzügigen Schlaufe zu einem beweglichen Haken. Von dort geht es dann weiter zum Elektromagneten. Der Monteuer hatte die entsprechenden Haken vergessen, ich habe aber an einer anderen Stelle welche gefunden und mir diese temporär ausgeliehen 🙂

Eine einsame Arbeit

Der Monteur hat mir erzählt, er ist zum Teil eine ganze Woche alleine in Glockentürmen um Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten zu erledigen. Das von der Kirchengemeinde jemand mithilft, ist die letzten Jahre eher zur Ausnahme geworden. Wir haben uns dazu entschieden, um die Montagezeit zu verkürzen und somit Geld zu sparen. In vielen Kirchengemeinden fehlt es aber inzwischen an Ehrenamtlichen, die so viel Zeit investieren können oder wollen. Als er mit der Arbeit begonnen hat, waren oftmals mehr Helfer vor Ort, als Aufgaben zu erledigen waren. Auch unsere Kirchengemeinde merkt seit Jahren diesen Trend, dass es für bestimmte Tätigkeiten immer schwieriger ist, helfende Hände zu finden. Die Firma des Monteurs überlegt in Zukunft immer eine zweite Person mitzuschicken, damit im Falle eines Unfalls dann überhaupt jemand da ist, der Erste-Hilfe Maßnahmen einleiten kann und den Rettungsdienst alarmiert.

Schmieren aller beweglichen Komponenten

Damit waren alle elektronischen Bauteile im Glockenstuhl angeschlossen und zum Einsatz bereit. Als letztes wurden noch sämtliche beweglichen Teile mit Schmierfett versehen. Mit reichlich Schmierfett!

Dieser Schritt ist bewusst als letztes erfolgt, um sich das Fett dann nicht ständig irgendwo hin zu schmieren, wenn man aus Versehen beim Vorbeigehen an den entsprechenden Teilen hängenbleibt. In Zukunft wird bei jeder Wartung kontrolliert, ob noch genug vorhanden ist und dann bei Bedarf entsprechend nachgeschmiert. Das Bild zeigt Kette und Motor von Glocke I. Das gelbliche ist das Schmierfett, welches sich beim späteren Betrieb dann gleichmäßig verteilt.

Anschluss der Motoren an die Steuerelektronik

Durch den Monteur wurde am Vormittag außerdem die Motorsteuerung mit den von uns am Vortag eingezogenen Kabeln verbunden und diese ordentlich befestigt.

Auf dem Bild sind die drei Steuereinheiten für die Glocken I-III zu sehen. Diese geben den Motoren entsprechend Signale, damit diese abwechselnd eine Rechtsdrehung und dann eine Linksdrehung ausführen. Die Glocke wird je nach Größe dann ungefähr in 20 Sekunden nach und nach immer höher geschwungen, bis das Läuten einsetzt. Über die Motoren können die Glocken auch entsprechend abgebremst werden, damit diese nicht über einen langen Zeitraum immer wieder zu einzelnen Glockenschlägen erklingen. Ganz rechts im Bild ist die Steuerung der Klöppelfänger zu sehen. Unter dem Kasten ist für jede Glocke und für die beiden Klöppelfänger ein Hebel angebracht, mit welchem diese manuell ausgelöst werden können.

Hier sieht man nochmals eine Detailansicht der Steuereinheit für die Glocke I. Außerdem ist die Hauptstromzufuhr unten links im Bild, darüber dann der Not-Aus-Schalter, welcher vor Betreten des Glockenstuhles betätigt werden muss.

Es gibt außerdem noch eine Steuerleitung, welche die spätere Glockenuhr mit der Steuerelektronik verbindet. Darauf komme ich später nochmal zurück. Am Ende kommt von vorne noch eine Abdeckung auf den ganzen Kasten und damit ist dieser auch feuchtigkeitsgeschützt.

Programmierung der Steuerelektronik

Über die Steuerelektronik wurde die Grundprogrammierung vorgenommen. Diese regelt den Läutewinkel, also wie hoch jede einzelne Glocke schwingen soll. Außerdem kann geregelt werden, wie lange es dauern soll, bis der erste Glockenschlag erklingt. Über die Steuerung ist es auch möglich eine mögliche Asymmetrie auszugleichen. Das würde sich in einem ungleichmäßigen Klangbild bemerkbar machen, weil der Klöppel auf einer Seite stärker und auf der anderen Seite schwächer oder gar nicht anschlagen wurde. Jede einzelne Glocke wurde so nach und nach eingestellt. Direkt daneben ist es trotz Gehörschutz sehr laut und wir konnten uns nur noch schwer verständigen.

Angeschlossenes Programmiergerät an der Steuereinheit für Glocke III
Programmiergerät des Herstellers mit den Einstellungsoptionen im Detail

Alles umsonst?

Nach mehreren Anpassungen war der Monteur zufrieden. Verwundert habe ich gefragt, warum die Glocken jetzt noch unregelmäßiger anschlagen als vorher – das war immerhin einer der Auslöser für diese umfangreichen Instantsetzungsarbeiten. Er hat mir dann erklärt, dass sich alle Komponenten jetzt erst nach und nach einlaufen. Dabei geben diese seiner Erfahrung nach noch an der ein oder anderen Stelle nach. Die ersten paar Wochen und Monate müsste man deswegen ständig nachjustieren, um wieder zu einem guten Ergebnis zu kommen. Er versucht daher eine Einstellung zu treffen, die jetzt nicht perfekt ist, dafür aber in diesem Einlaufzeitraum ohne Probleme funktioniert. Beim nächsten Kundendienst wird dann nochmals eine Feinjustierung vorgenommen. Nachdem für diese erste grobe Einstellung schon das mehrmalige, längere Läuten der Glocken nötig war und wir die Nachbarschaft nicht übermäßig beschallen wollten, haben wir es dann dabei belassen.

Feinjustierung der Klöppelfänger

Nachdem die Glocken jetzt entsprechend grob eingestellt waren, mussten auch die Klöppelfänger noch einjustiert werden. Diese werden nicht nur über einen Elektromagneten gesteuert, sondern enthalten außerdem zwei Federn, welche die Halteposition zusätzlich sichern und den Klöppel somit auch bei einer möglichen Stromunterbrechung sicher halten. Da die Federn zu stark vorgespannt waren, hat es der Elektromagnet nicht geschafft, die Zugkräfte zu überwinden und konnte folglich den Klöppel nicht freigeben, auch wenn Spannung angelegen hat. Der Monteuer hat dann Schritt für Schritt die Federn gelockert, um die Zugkräfte zu verringern.

Nach mehreren Versuchen hat er das optimale Ergebnis erreicht und der Elektromagnet konnte den Klöppel freigeben. Dies passiert durch die Glockensteuerung automatisch im richtigen Moment. Wenn die Glocke auf der Seite des Klöppelfängers den höchsten Punkt erreicht, wird der Klöppel freigegeben. Dieser Schwingt dann zusammen mit der Glocke wieder nach unten und schlägt auf der gegenüberliegenden Seite dann wenige Sekunden nach der Auslösung das erste mal an. Wir der Klöppelfänger also durch den Bediener oder die Automatik freigegeben, erfolgt das Läuten also fast direkt danach. Solange der Klöppel gehalten wird, schwingt die Glocke nahezu geräuschlos. In der Kirche ist vom Rascheln der Antriebskette nichts zu hören.

Lagerschaden im Stehlager

Bei der Grundeinstellung der Steuerelektronik wurden die Glocken das erste mal seid der Demontage wieder geläutet. Durch die Klöppelfänger an den Glocken I und II gab es dabei keinen Ton, als die Glocken den maximalen Läutewinkel erreicht hatten. Besser gesagt hätte es keinen Ton geben sollen. Stattdessen gab es regelmäßig ein knackendes Geräusch genau in dem Moment, in dem vorher der Klöppel die Glocke angeschlagen hat. Der Monteur hat es inspiziert und einen Lagerschaden festgestellt. Ein sogenanntes Stehlager verbindet das Glockenjoch mit dem Glockenstuhl.

Dabei handelt es sich um ein Walzenlager, das ähnlich einem Kugellager aus mehreren im Kreis angeordneten Rundstäben besteht, in welchem die Stahlstange (Welle) läuft. An dieser Stahlstange ist dann das Holzjoch befestigt und daran die Glocke. Dem Geräusch zufolge ist mindestens einer dieser Stäbe gebrochen oder verkantet. Auf dem Bild ist das Stehlager im unteren Bereich erkennbar. Über den auf der linken Seite angebrachten Knubbel kann durch Drehen Schmierfett in das Lager gepresst werden.

Da dieses Geräusch früher immer zeitgleich mit dem Glockenschlag aufgetreten ist, war es bei der Wartung nicht aufgefallen. Fürs erste können wir die Glocke in Betrieb nehmen, der Motor würde automatisch abschalten wenn der Schaden größer wird und die Gefahr bestünde, dass die Glocke nicht mehr sicher gehalten werden würde.

Montage der Glockenuhr

Die Glockenuhr ist die Steuereinheit für das manuelle Läuten zum Beispiel während des Vater-Unser-Gebets und dort werden auch die regelmäßigen Läutevorgänge programmiert. Montiert wurde die neue Uhr an der gleichen Stelle wie die alte im Vorraum zum Kirchen-WC.

Ganz oben Links ist die Funkantenne zu erkennen. Diese synchronisiert die Zeit automatisch und sorgt dauerhaft für ein sekundengenaues Läuten und die Umstellung der Winter/Sommerzeit. An der Uhr kann über einen Tastendruck die Glocke zum Läuten gebracht werden, außerdem sind die nächsten drei einprogrammierten Läutezeiten ersichtlich. Im Vergleich zur alten Uhr ist das eine deutliche Verbesserung!

Später können wir dann die abwechselnden Gottesdienstzeiten am Computer programmieren und über eine Speicherkarte an die Glockenuhr übertragen. Durch das jetzt mögliche, gezielte ansteuern jeder einzelnen Glocke ist es wieder möglich, mehr Vielfalt in das Glockengeläut zu bringen. Die Bedeutung der einzelnen Glocken ist durch die alte automatische Steuerung im Vergleich zum früheren, manuellen Läuten verloren gegangen und kann jetzt wieder nach und nach entsprechend verwendet werden. Die Glocken sind ein Instrument, welches mehr Möglichkeiten als das reine „An- und Ausschalten“ bietet. Der Kirchenvorstand wird sich dazu mit der Läuteordnung beschäftigen und wir werden darüber auch entsprechend informieren. Ich bin gespannt, ob wir dadurch das Kirchenjahr ein Stück weit besser „hörbar“ machen können.

Austausch der Steuerleitung

Bei der Programmierung der Gebetszeiten ist aufgefallen, das die Glocke I nicht läutet, wenn die Glockenuhr ein entsprechendes Signal gibt. Inzwischen war es schon 19:00 Uhr und der Monteur musste am Abend noch nach Stuttgart fahren. Nach längerer Fehlersuche haben wir festgestellt, dass das Steuerkabel nicht unterbrechungsfrei von der Glockenuhr im Eingangsbereich der Kirche zur Glockensteuerung im Turm verläuft. Früher gab es neben dem Altar einen Taster, mit welchem die Glocke zum Vater-Unser-Gebet durch den Pfarrer geläutet werden konnte. Dazu wurde das Kabel an mehreren Stellen verlängert, über den Verteilerkasten in der Sakristei geführt und dann wieder verbunden. Nachdem diese Lösung nicht mehr benötigt wird, soll das Kabel soweit möglich ersetzt und neu eingezogen werden. Diese Arbeit erledigt der Monteur nächste Woche alleine. In der Zwischenzeit war es nur möglich mit der Glocke II und III zu läuten. Um 20:30 konnten wir dann erschöpft die Baustelle verlassen. Dreißig Minuten später ist das erste mal nach der Demontage wieder das 21:00 Uhr Läuten erklungen – ganz automatisch und auf die Sekunde genau.

In eigener Sache

Leider sind diesmal nicht alle Bilder so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe. Durch die fortschreitende Dunkelheit waren manche Details dann nicht mehr gut zu erkennen. Ein paar Bilder habe ich soweit möglich dann einige Tage später nochmal neu gemacht. Ich hoffe ich konnte einen kleinen – spannenden – Einblick in dieses Projekt geben. Bei weiteren Fragen steht der Kirchenvorstand gerne zur Verfügung! Gerne können Sie sich auch persönlich ein Bild von unseren Glocken machen. Wenden Sie sich bezüglich einer Terminvereinbarung an unser Pfarramt. Zögern Sie auch nicht, uns bei weiteren Fragen direkt zu kontaktieren.

Die nächsten Schritte

Wir haben mit unserem Glockensachverständigen bezüglich des Lagerschadens an der Glocke I Kontakt aufgenommen. Wir erhoffen uns eine Beratung, ob das Lager nur an dieser einen Glocke getauscht werden soll oder gleich an allen drei Glocken. Die Rüstkosten machen einen erheblichen Teil der Reparaturkosten aus und daher ist die Überlegung entstanden, ob die anderen Lager eine ähnliche Lebensdauer haben wie das jetzt beschädigte Stehlager. Die beiden anderen Glocken haben zwar ein niedrigeres Gesamtgewicht, wodurch die Belastung auf das Lager auch geringer ist. Dafür sind diese Lager auch deutlich kleiner ausgeführt. Wir werden berichten, wenn dazu weitere Informationen vorliegen. Die Reparaturkosten wurden in einer ersten Schätzung auch auf einen mittleren vierstelligen Betrag beziffert.

Spenden

Wenn Sie uns beim Erhalt der Glocken unterstützen möchten und können, freuen wir uns sehr über Ihre Spende! Für diese erhalten Sie selbstverständlich einen Beleg, welchen Sie bei der Steuererklärung angeben können.

Unsere Bankverbindung:
Evangelische Bank
IBAN:  DE39 5206 0410 0001 5731 28
BIC: GENODEF1EK1
Verwendungszweck: Kirchenglocken

Wir danken Ihnen schon jetzt für Ihre Unterstützung mit einem herzlichen Vergelt’s Gott!

Für den Bauausschuss – Christian Fenn

Glockenreparatur Teil 2

Der zweite Tag unserer Glockenbaustelle hat bei mir erst mal mit Muskelkater begonnen. Die ungewohnten Bewegungen in zum Teil abenteuerlicher Lage am Vortag haben ihre Spuren hinterlassen. Zum Glück legt meine Arbeitgeberin viel Wert auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, so konnte ich die Familie durch das Ehrenamt ersetzen und am Nachmittag wieder „in der zweiten Arbeit“ sein. Dort angekommen hat unser Glockenspezialist die Motoren fertig montiert.

Bei den Glockenmotoren handelt es sich um Drehstrommotoren, welche ein ruckelfreies Anlaufen bei niedrigen Drehzahlen von 500 Umdrehungen pro Minute ermöglichen. Durch eine Übersetzung ist der Motor an das Glockengewicht angepasst und ermöglicht so auch ein passendes Anläutetempo. Warum für die Glocken Drehstrommotoren verbaut werden und was es damit überhaupt auf sich hat, würde diesen Bericht sehr kompliziert machen. Ich habe deshalb darauf verzichtet. Die Quintesenz ist: Bei korrekter Einstellung und Dimensionierung ergibt sich eine lange Haltbarkeit ohne großen Wartungsaufwand.

Das Beitragsbild zeigt einen solchen Motor, welcher schon mit der Glocke über eine Kette verbunden ist. Der Glockenmotor selber steht auf einer Holzplatte, um nicht direkt mit dem Glockenstuhl aus Metall verbunden zu sein. Das schützt den Motor vor Erschütterungen und Schwingungen, welche beim Läuten der Glocken entstehen.

Vom Motor zur Glocke

An dem Glockenjoch ist für diese Antriebsart ein Rad befestigt, das einem Speichenrad ähnlich sieht. Es ist das sogenannte Seilrad. Auf der Radlauffläche ist eine Spannvorichtung befestigt. An dieser ist ein Drahtseil, welches mit einer Kette verbunden ist, angeschlossen. Die Kette läuft dann über ein Zahnritzel am Motor wieder zurück zum Rad, wo das Ende wieder mit dem Drahtseil fixiert ist. Der Motor zieht die Glocke anhand der Signale aus der Steuerung entsprechend nach rechts und links.

Oben links schlecht zu sehen: Der Glockenmotor auf dem Holzbrett. Zwischen dem Seilrad auf der oberen rechten Seite und dem Motor befinden sich das Drahtseil und die Kette.
Das Bild zeigt die Glocke II.

Der Glockenmotor ist nicht direkt mit der Glocke verbunden. So können Belastungen durch die hohe Dynamik, welche beim Schwingen der Glocke entsteht, durch die elastische Kette aufgenommen werden. Ich denke die Funktionsweise ist ähnlich einem Zahnriemen, wie er auch im Automotor Verwendung findet.

Motor mit Kette und Seil

Die Bilder zeigen aus verschiedenen Ansichten nochmals die fertig eingebauten Glockenmotoren mit der Verbindung zur entsprechenden Glocke.

Das rechte Bild zeigt im Detail die Radlauffläche mit dem Drahtseil und dem Übergang auf die Kette. Die Kette ist nicht durchgängig, wie es zum Beispiel beim Fahrrad der Fall ist. So kann einerseits einfach nachgespannt werden, wenn im lauf der Jahre die Verbindung nicht mehr stramm genug ist. Auf der anderen Seite kann die Glocke im Fall einer elektronischen Fehlfunktion nicht zu hoch schwingen, weil das Zahnrad des Glockenmotors das Drahtseil nicht greifen kann. Der maximal mögliche Läutewinkel ist also auch mechanisch sichergestellt.

Im besten Fall wäre der Glockenmotor so weit vom Seilrad der Glocke entfernt, das beim Läuten ausschließlich das Drahtseil über die Radlauffläche läuft. Bei uns ist das aufgrund der Turmgröße nicht realisierbar gewesen. Der Übergang zwischen der Kette und dem Drahtseil erzeugt beim Auflaufen auf das Seilrad störgeräusche, die beim Hochläuten der Glocke von außen als Rasseln zu hören sind.

Seilrad

Die Kette wird aber nicht mit maximaler Kraft stramm gespannt, sondern ist wie beim Fahrrad noch leicht seitlich zu bewegen, hat also ein kleines Spiel. Auf der anderen Seite muss sie so stark angezogen sein, dass die Kette nicht durchhängt. Das Seilrad, welches ungefähr dem unteren Durchmesser der Glocke entspricht, sitzt niemals genau mittig auf dem Glockenjoch. Außerdem ist es kein hundertprozentiges Rad und läuft daher auch nicht exakt Rund. Durch das Spiel der Kette können diese Beulen und ein Rundlauffehler ohne Probleme ausgeglichen werden. Wäre die Kette zu stramm, würde beim Läuten im extremfall das Seilrad verformt werden, was zu weiteren Folgeschäden und ungleichmäßigem Läuten führen würde. Auch könnte das Motorlager unter den ungleichmäßigen Zugkräften stark verschleißen.

Auf den Bildern sieht man das Seilrad am Glockenjoch im Detail. Das Drahtseil wird am Seilrad befestigt und dann über eine Spannvorrichtung wie beschrieben korrekt eingestellt. Die Kupferschutzrohre werden verwendet, um das Drahtseil beim Übergang von der Radlauffläche ins Innere des Seilrades vor Schäden durch Reibung zu schützen.

Elektronik

Auf dem von uns angebrachten Holzbrett wurde außerdem die Steuerelektronik für die Glockenmotoren im Kirchturm montiert. Der Kasten wurde von der Firma, welche alle verbauten Komponenten herstellt, fertig verdrahtet geliefert und musste nur noch so wie er war an die Wand geschraubt werden. Die Stromkabel für die Glockemotoren und die entsprechenden Steuerkabel wurden dann von uns vor Ort angebracht.

Dazu haben wir neue Kabelschutzrohre angebracht und die entsprechenden Leitungen dann eingezogen. Eine Arbeit, die Aufgrund der schwierigen Lage alleine kaum zu bewältigen ist. Zu zweit und nach gründlicher Vorbereitung (gründliches Messen) war dies aber auch rasch erledigt.

Das Bild zeigt den Übergang vom inneren Teil des Glockenturmes zum Bereich, in dem die Glocken hängen. Das Loch wurde früher für ein Seil zum manuellen Läuten genutzt.

Der Glockenstuhl aus Stahl machte es nicht einfach, die Kabelschutzrohre zu befestigen. Auf Kabelbinder hat der Handwerker bewusst verzichtet, da diese im Laufe der Jahre durch die Witterungseinflüsse in der Vergangenheit oft spröde wurden und sich dann gelöst haben. Nachdem alle passenden Eisenbohrer aufgearbeitet waren, habe ich meine eigenen noch beigesteuert und auch das konnte soweit abgeschlossen werden.

Für heute waren damit alle geplanten Arbeiten erledigt. Wir liegen gut in der Zeit! Morgen Vormittag schließt der Monteuer die Strom- und Steuerleitungen an den Glockenmotoren an und will die Glockenuhr montieren. Am Nachmittag folgt dann die Programmierung und im besten Fall ist ab dann das Glockenläuten wieder möglich. Ich bin gespannt und werde berichten, wie es weitergeht.

Für den Bauausschuss – Christian Fenn

Glockenreparatur Teil 1

In der letzten Augustwoche war es dann soweit, der Glockenspezialist ist mit den überarbeiteten und reparierten Glockenklöppeln wieder aus Österreich zurück gekommen. In der Zwischenzeit hat auch sein Lieferant die Motoren und sonstigen Teile anliefern können. Da manches nur vor Ort erledigt werden konnte, hat sich der Handwerker vor unserem Gemeindehaus eine provisorische Werkstatt errichtet. Dort wurden die Klöppel noch mit einer oder mehreren Lederlagen versehen, welche als Dämpfung zwischen der Glocke und dem Klöppel dienen. Die nachfolgenden Bilder zeigen einen Ausschnitt der Arbeiten und verwendeten Materialien, die er mitgebracht hat.

Was runter gekommen ist, muss auch wieder hoch

Beim Ausbau der Klöppel wurden diese über einen Seilzug im Inneren des Glockenturmes herabgelassen. Dazu wurden zwei Löcher benutzt, in denen früher ein Seil zum manuellen Läuten gespannt war. Der Einbau funktioniert theoretisch genauso.

Sämtliches Material wird mit einem Haken am Seil befestigt und dann hochgezogen. Da es sich nur um eine einfache Umlenkrolle handelt und nicht über einen Flaschenzug, ist die Kraft die man für das Hochziehen braucht in etwa das Gewicht des hochzuziehenden Gegenstandes. Das Bild zeigt einen Glockenklöppel, welcher schon „auf dem Weg nach oben“ ist. Bei den leichten Sachen hat es gereicht wenn ich oben gezogen habe. Bei den schwereren Sachen hat der Monteuer unten am zweiten Seil gezogen und ich gleichzeitig oben. Eine Ahnung davon bekommt man mit dem nachfolgenden Bild.

Bei dem größten Klöppel hat aber auch das nicht gereicht. Der Handwerker hat den Klöppel also immer Stufenweise hoch getragen, während ich mich mit meinem ganzen Körpergewicht an das Seil gehängt habe. Wir waren beide froh, dass es nicht so warm wie letzte Woche war und noch viel mehr, als dann endlich alles Material oben angekommen ist. Die Erkenntnis des Tages war für mich, ich sollte in Zukunft mehr Gelbwurst naschen 😉

Einbau der Klöppel in die Glocken

Zuerst sollten die Klöppel wieder in den Glocken montiert werden. Dazu muss dieser in der sogenannten Klöppelgabel befestigt werden. Dabei handelt es sich um ein U-Förmiges Metallteil im inneren der Glocke. Bei vielen Glocken kann die Klöppelgabel mit ausgebaut werden, was das Verbinden dieser beiden Bauteile durch einen Bolzen einfacher gestaltet. Bei unseren Glocken ist diese Schraube allerdings zwischen dem Glockenjoch und der Glocke angebracht, sodass diese komplett demontiert werden müsste. Das war also keine Option. Während der Monteuer also versucht hat den Klöppel in der richtigen Position zu halten, habe ich versucht den Bolzen entsprechend zu befestigen. Dabei haben wir festgestellt, dass es irgendwie überhaupt nicht mehr dort hineinpasst. Wie konnte das sein?

Auf dem Linken Bild ist bei genauem Hinsehen eine Kante über der unteren Bohrung an der Klöppelgabel zu sehen. Dabei handelt es sich um einen aufgenieteten Metallstreifen, der auf einer Seite angebracht worden ist. Rechts dann das Bild von der anderen Seite ohne Metallstreifen

Die genaue Funktion erschließt sich nicht mehr. Wahrscheinlich eine alte Fixierung. Da die neuen Klöppel mit viel weniger Spiel eingebaut werden, damit diese in Zukunft beim Läuten nicht mehr in der falschen Richtung ausschlagen können und so die Lebensdauer von Klöppel und Glocke negativ beeinflussen, passen diese jetzt nicht mehr in die Klöppelgabeln.

Als erstes hat der Monteur dann die Messingbuchsen abgeschliffen und somit leicht verkleinert. Wir waren uns beide einig, dass wir alles versuchen werden um den Klöppel wieder in die Glocke zu bringen, aber die allerletzte Option wäre, diesen wieder hinab zulassen.

Der zweite Schritt war dann das entfernen der genieteten Metallplatte an der Klöppelgabel.

Mit einem Winkelschleifer hat er versucht die Nieten aufzuschneiden und danach haben wir mit einem provisorischen Meißel und viel Gewalt die angerostete Platte abgeschlagen. Bei der großen Glocke war das noch einigermaßen einfach, bei den kleineren dann eine Herausforderung, weil man entweder auf der unteren Glocke sitzen muss um an die darüber liegende zu gelangen oder fast am Boden liegt, um in die untere hineinschauen zu können.

Danach hat es dann endlich geklappt. Der Klöppelbolzen ist hier auf dem Bild noch nicht vollständig eingeführt. Durch die geringe Toleranz musste dieser als nächstes eingeschlagen werden. Man sieht, wie wenig Platz dafür ist. Mit einer großen Menge Schmierfett ist dies zwar etwas einfacher, nach kurzer Zeit sind aber sowohl die eigenen Hände als auch sämtliches Werkzeug sehr schmierig. Keine schöne Arbeit. Dazu das hohe Gewicht der Klöppel und durch die engen Platzverhältnisse stößt man sich andauernd irgendwo.

So sieht es dann fertig aus. Der Klöppel hängt wieder in der Klöppelgabel, durch zwei mechanische Komponenten dauerhaft gesichert. Auf dem Bild sind auch die Streifen an der Glockeninnenwand zu sehen, welche beim Gießen durch die verwendeten Gussringe entstanden sind.

Fast wäre es geschafft

Bei der kleinsten Glocke gab es dann noch ein anderes Problem. Die neue Ledereinbindung war zu stark und damit hat die Höhe nicht mehr gereicht, um den Klöppelbolzen einstecken zu können.

Nach dem Entfernen einer Lederlage konnte dann auch der Klöppel von Glocke III eingebaut werden. Auf dem Bild sieht man nochmals gut die unterschiedlichen Schichten dieser Ledereinbindung.

Anbringen der Klöppelfänger

Als nächstes wurden die Klöppelfänger an den größten beiden Glocken montiert.

Ich konnte leider kein wirklich gutes Foto davon machen, weil der Platz dazu im Turm zu klein ist und ich somit nicht weit genug weg konnte. Es ist auch nicht einfach zu beschreiben wie genau die Funktion ist und wie die Montage abgelaufen ist. Deswegen an dieser Stelle nur das Ergebnis so gut es geht festgehalten. Der Klöppelfänger bewegt sich beim Läuten mit der Glocke mit und kann dann entsprechend den Klöppel einfangen, sodass dieser kein Geräusch mehr erzeugen kann. Wird er wieder freigegeben, läutet die Glocke sofort.

Hier sieht man gut, wie der Klöppel vom Klöppelfänger gehalten wird. Das Auslösen kann dann in Zukunft genauso wie das Läuten an der Glockenuhr in der Kirche über einen Tastendruck erfolgen.

Die Elektronik merkt sich diesen Befehl dann vor und führt diesen aus, wenn die Glocke das nächste mal an der höchsten Schwingposition ist. Auch das ist nicht so einfach zu beschreiben und ich werde versuchen davon noch ein Video zu machen, wenn es funktioniert. Bei Interesse finden sich dazu aber auch Filme von anderen Kirchen auf diversen Videoplattformen im Internet.

Montage der Glockensteuerung

Ein weiterer Schritt war noch die Montage der Glockensteuerung. Dazu haben wir wie berichtet in Eigenleistung die Wand entsprechend verputzt und ein Holzbrett davor angebracht, um eine gewisse Dämpfung zu ermöglichen und die Montage der Elektrik zu vereinfachen.

Auf dem Bild sieht man die drei Steuereinheiten, für jeden Glockenmotor eine. Dieser Kasten wurde komplett verdrahtet geliefert und extra für unsere Situation entsprechend bestückt. Später müssen die einzelnen Elektro- und Steuerleitungen dann noch entsprechend angebracht werden. Fürs erste haben wir den Kasten aber an die Wand gehängt, damit er nicht mehr im Weg steht.

Anbringen der Motoren

Als letzte Aufgabe für den heutigen Tag wurden die Motoren noch ungefähr an die richtige Stelle gebracht. Der Glockenstuhl aus Metall überträgt die Schwingungen und Erschütterungen der Glocken ziemlich stark. Das ist aber weder für den Glockenturm noch für die Motoren gut. Deswegen sind Holzstühle kein Nachteil sondern bieten viele Vorteile. Der Monteur versucht die dämpfende Eigenschaft des Holzes durch eine dicke Holzplatte unter den Motoren zumindest zum Teil auszunutzen. Auf dem nachfolgenden Bild ist der größte Motor für die Glocke I zu sehen. Rechts am Motor befindet sich ein Zahnrad, in welchem später die Kette gespannt wird.

An der Kette wiederum ist ein Seil befestigt und dieses liegt dann auf einem Rad, welches mit dem Glockenjoch verbunden ist. Der Motor ist damit nicht fest mit der Glocke verbunden und so können starke Kräfte – wie sie zum Beispiel beim Schlagen des Klöppels entstehen – durch das Seil abgefangen werden.

Auch das erhöht die Lebensdauer des Motors. Morgen montiert der Handwerker dann die Motoren in der richtigen Flucht und dann kann ich auch Fotos davon machen, wie das ganze im eingebauten Zustand aussieht.

Trotz der Herausforderungen liegen wir gut in der Zeit und können vielleicht schon Mitte der Woche wieder läuten. Es war ein langer und anstrengender Tag und wir sind beide von oben bis unten schmutzig. Aber man sieht auch, was man geschafft hat. Eine schöne Arbeit!

Für den Bauausschuss – Christian Fenn