Lasst uns aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken

Symbolbild: Autos parken dicht gedrängt links und rechts an einer Straße

„Sie haben Ihr Auto zu weit auf den Gehweg gefahren. Da kommt keiner mehr mit dem Kinderwagen durch. Ich finde das unmöglich! Es gibt doch in der Nebenstraße bestimmt Parkplätze.“, fährt mich eine ältere Dame mit zornigem Gesichtsausdruck lautstark an. Einen Tonfall wählt sie dabei, den ich auch schon gewählt habe, wenn ich sehr empört war. Gerade noch war ich froh gewesen, nur zwei Minuten zu spät bei der Krankengymnastik anzukommen. Mit kleinem Kind ist pünktlich zu sein eine Herausforderung. Jetzt schäme ich mich ein bisschen, ärgere mich über die unfreundliche Art der Dame und noch mehr darüber, dass sie mich ertappt hat und sage kleinlaut: „Stimmt, Sie haben recht.“

Recht hatte sie wirklich! So zu parken ist wenig liebevoll. Und trotzdem habe ich es gemacht, weil das Ziel „Pünktlichkeit“ in meinem Denken gerade einen größeren Stellenwert einnahm als „liebevolles Parkverhalten“. Schade eigentlich!

Bedauerlich auch, dass sich die Frau so sehr ärgern musste, dass sie mich nicht freundlich darauf aufmerksam machen konnte, dass ich mein Auto auch geschickter platzieren könnte. Gewirkt hat es trotzdem bislang. Ich denke an ihre Worte, wenn ich überlege, wo ich parke.

„Lasst uns aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken.“

Monatsspruch für den Oktober aus dem Hebräerbrief (Hebr. 10,24)

Angespornt und zurechtgewiesen zu werden sind zweierlei Dinge. Es ist ein schmaler Grat zwischen Besserwisserei und dem Ansporn zu gutem Verhalten,
zwischen aufeinander achthaben und einander kontrollieren. Das merken wir gerade in dieser Zeit zwischen Impfangeboten und Maskenpflicht.

Die frohmachende und befreiende Botschaft kommt für mich schon vor unserem Wochenspruch: Dort steht, dass wir Freimut haben können, weil Jesus uns den freien Zutritt zu Gott ermöglicht hat. Er hat uns „reingewaschen“, wir sind frei von einem bösen Gewissen, sagt der Verfasser des Hebräerbriefes.

Dies gilt von Jesus her. Eine unglaubliche Liebe ist es, die uns da trägt und erträgt
in all unserer Lieblosigkeit. Sie spornt mich an! Auch wenn ich es nicht jedes Mal gut hinbekomme, gut auf andere zu achten. Ich glaube fest daran, dass uns diese Liebe wirklich verändert und merke, wie gut es mir tut, trotz allen Versagens fröhlich in die Arme unseres warmherzigen Gottes kommen zu dürfen.

Haben Sie freien Mut und ein befreites Gewissen, haben Sie auf andere Acht und spornen Sie Ihre Mitmenschen in Liebe an zu allem Guten! Wie könnte ein positiver Ansporn aussehen, wenn Sie sich über das Parkverhalten eines anderen ärgern? Vielleicht erzählen Sie mir davon, wenn wir uns treffen!

Solche Gedankenspiele sind eine gute Übung für den Ernstfall. „Darf ich Ihnen ihr Auto auf den besten Parkplatz der Straße stellen?“, wäre jedenfalls ein Angebot für mich, das ich erfreut annehmen oder das mich trotz guter Laune zum Nachdenken bringen würde!

Juliane Jung, Pfarrerin der Thomaskirche

Das Gebot der Nächstenliebe

Symbolbild mit Monatsspruch Juni 2021: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apostelgeschichte 5,29)

Das ist regelrecht Anarchie. Die Apostel lehnen es rundweg ab, geltende Gesetze zu befolgen und berufen sich dabei auf Gott. Dieser Gott (der Juden) ist ihr Herr, ihm allein gehorchen sie, er ist für sie alleinige Autorität – Anarchie gegen Menschengesetze. Anarchie – wirklich? Bis heute berufen sich Menschen darauf, Anordnungen zu missachten, sie gehorchen Menschen nicht, jedenfalls nicht allen, nur denen, die ihrer Meinung sind. Und dabei halten sie sich für Querdenker, meinen, damit Menschen aus ihrer Unterdrückung zu befreien.

Trotz Androhung von Strafen wollten sich die Apostel nicht mundtot machen lassen. Wer denkt, jeglicher Widerstand gegen von Menschen gemachte Gesetze sei damit gerechtfertigt, der ist auf dem Holzweg. Petrus sagt: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Überall dort, wo Gottes Gebote übergangen werden, nicht mit den Taten übereinstimmen, da sollen Christen ihre Stimme erheben.

Wenn wir uns am Gebot der Nächstenliebe orientieren, müssen wir auch handeln. Da passen dann keine Allmachtsfantasien, krude Verschwörungstheorien oder Rücksichtslosigkeit zum Gebot der Nächstenliebe. In vielen Ländern, auch in Deutschland, orientieren sich Gesetze an christlichen Werten. Dass sich dabei auch unchristliche und machtpolitische Ideologien eingeschlichen haben, wissen wir nur zu gut. Deshalb – die Würde des Menschen ist unantastbar. Oder eben: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen, frau übrigens auch.

Carmen Jäger