Die Grenzen unserer Erkenntnis

Monatsspruch November 2023: Er allein breitet den Himmel aus und geht auf den Wogen des Meers. Er macht den Großen Wagen am Himmel und den Orion und das Siebengestirn und die Sterne des Südens.  Hiob 9,8-9

Der Sternenhimmel kann uns ins Staunen versetzen. Zu allen Zeiten haben die Sterne und Planeten die Menschen dazu herausgefordert, ihren Lauf zu deuten, ihre Entfernung und Größe zu berechnen. Immer genauere Messinstrumente wie durch den Weltraum fliegende Sonden stehen uns zur Verfügung. Doch je mehr wir erforscht haben, desto mehr wissen wir auch, wie wenig wir letztlich wissen und verstehen. Selbst die wissenschaftliche These vom Urknall ist in letzter Zeit ins Wanken geraten.

Schon vor 2.500 Jahren machte sich das biblische Hiobbuch tiefe Gedanken über die Grenzen der menschlichen Erkenntnis. Ausgangspunkt war die Frage, warum auch fromme Menschen nicht vom Leid verschont werden. Hiob, der Leidtragende schlechthin, gibt sich nicht zufrieden mit den moralisierenden Antworten seiner Freunde. Sie meinen, Hiob müsse irgendwie vor Gott gesündigt haben, denn sonst hätte ihn nicht solch ein großes Unheil getroffen. Aber der schwer Gezeichnete entgegnet: „Ich bin unschuldig!“ (Hiob 9,21). Hiob lässt es sich von seinen Freunden nicht ausreden, mit Gott zu hadern und ihm in drastischen Worten sein Leid zu klagen. Und eben damit gibt er Gott recht, der ihm so fremd geworden ist.

In diesem Sinne hat Martin Luther gesagt: „Beten heißt, Gott den ganzen Sack vor die Füße zu werfen.“ In diesem „Sack“ haben auch all meine eigenen Fragen, meine Grenzen und mein Leid Platz

Reinhard Ellsel

Angedacht im November

Erinnern Sie sich, wann Sie das letzte Mal die Sternbilder am Himmel beobachtet haben? Auf unserer Nachtwanderung mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden rund um den Habsberg waren die Sternbilder ganz toll zu sehen. Der kleine und der große Wagen, das Sternbild des Orion, die Venus… Wir konnten sogar unsere Milchstraße erahnen.Welch ein majestätisches Wunderwerk!

Der Sternenhimmel fasziniert die Menschen seit jeher. Nahe dem Ort Nebra in Sachsen-Anhalt wurde 1999 eine Scheibe ausgegraben, auf der die vor 3000 Jahren bekannten Sternenkonstellationen festgehalten wurden. Schon damals wusste man, dass der Stand der Sterne wie ein Kompass sein kann, der Orientierung gibt. Auf der Himmelsscheibe von Nebra finden sich die Sonne, eine Mondsichel und 32 goldene Sterne; sieben davon stehen wie ein Siebengestirn eng beieinander. Daneben kann man noch zwei Horizontbögen und ein Schiff erkennen.

Die Bronzescheibe war in Mitteldeutschland eine Erinnerungshilfe zur Bestimmung des richtigen Zeitpunkts der Aussaat und der Ernte, weniger zur Orientierung auf den Weltmeeren.

Heutige Astronomen staunen über die Präzision der Darstellung. Jahrzehnte lange Beobachtungen müssen der Herstellung vorangegangen sein. Der Verfasser des Buches Hiob stellt den weisen Hiob auch als Sternenkenner des Vorderen Orients dar. Hiob antwortet seinem kritischen Freund Bildad mit den Worten unseres Monatsspruchs:

Himmelsscheibe von Nebra. ‒ Foto: Dbachmann, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

„Er allein breitet den Himmel aus und geht auf den Wogen des Meers. Er macht den Großen Wagen am Himmel und den Orion und das Siebengestirn und die Sterne des Südens.“

Hiob 9,8

Diese Worte machen klar, dass Hiob nicht mit seinem schrecklichen Schicksal hadert. Er weiß, dass er nur ein kleines Rädchen im Getriebe des großen Universums ist, welches von Gott angetrieben wird. Hiob ist überzeugt davon, dass sein Schicksal in Gottes Willen begründet ist und er kein Anrecht darauf hat, es zu hinterfragen. Gott tut große Dinge, die nicht zu erforschen und Wunder, die nicht zu zählen sind! Seine Freunde bringt Hiob damit auf die Palme. Sie wollen, dass er gegen sein hartes Schicksal etwas tut, zumindest sich bei Gott beschwert. Doch Hiob bleibt ruhig. Er wartet ab und staunt. Er ist überzeugt davon, dass sein Gott das Universum und auch sein Leben weise geordnet hat. Machen Sie es wie Hiob: Staunen Sie beim Blick in den klaren Nachthimmel und vertrauen Sie dem, der Himmel und Erde gemacht hat.

Ihre Pfarrerin der Stephanuskirche
Gabriele Edelmann-Richter

Gott spricht uns Gutes zu

Monatsspruch November 2022: Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen! Jesaja 5,20

Es ist leider an der Tagesordnung: Die eigene Mannschaft spielt schlecht, aber der Trainer redet die Leistung schön. In unserer Volkskirche gibt es handfeste Probleme, aber die Verantwortlichen reden sie klein. Eine Firma verliert durch Missmanagement Milliarden, aber ein Pressesprecher spricht verharmlosend von „Gewinn-Warnung“.

Auch im privaten Bereich werden ernsthafte Schieflagen gerne vertuscht und überspielt. In der Familie, in der Nachbarschaft. Nur damit wir den äußeren Schein wahren und so weitermachen können wie bisher. Es ist klar, dass darauf kein Segen liegen kann.

Der Prophet Jesaja spricht im Namen Gottes gar einen Fluch aus über die Reichen und Mächtigen, weil sie sich auf Kosten der Armen bereichern und die Schwächeren zur Seite drängen – alles unter dem äußeren Schein des Rechts. Warum sind wir nicht ehrlich – wenigstens vor Gott? Vor ihm können wir ohnehin nichts vertuschen. Vor Gott dürfen wir all das ansprechen, was in unserem Leben schiefläuft. Und wir können damit rechnen, dass Gott uns dabei hilft, das Böse wieder gut zu machen. Denn Gott redet uns nicht schlecht. Sondern Gott spricht uns Gutes zu.

„Gutes zusprechen“ – das heißt auf Latei­nisch: „benedicere“. Und das bedeutet auf Deutsch: „segnen“. Wenn der allmächtige und gnädige Gott uns segnet, dann sagt er damit: Ich bin dir gut! Ich helfe dir auf einen guten Weg – auch mit deinen Schattenseiten und Problemen.

Reinhard Ellsel