Wendepunkt

Monatsspruch Oktober 2024: Die Güte des HERRN ist’s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß. KLGL 3,22-23 (L)

Eine lange, fast endlose Klage geht dem Monatsspruch voraus. Einer zählt auf, was er erleben muss: Er sitzt in der Finsternis, die Haut wird faltig und er selber bitter. Wie von Steinen vermauert scheinen alle Wege aus der Not. Da klagt er Gott an: Du hast mir das angetan, hast mir aufgelauert, mich zum Gespött gemacht und aus dem Frieden vertrieben. Dann ein kleines Gebet: Denk an mich! Sieh mich an!
Und plötzlich der Monatsspruch, wie ein Wendepunkt: „Die Güte des HERRN ist’s, dass wir nicht gar aus sind, …“ Als habe sich das Gefühl, von Gott verlassen und vergessen zu sein, in Vertrauen gewandelt.

Was hat diese Wende ausgelöst? Man könnte denken, es sei das kleine Gebet gewesen. Vielleicht war es so. Im Moment, in dem ich aus der Anklage eine Anrede mache, spüre ich schon: Er könnte ja doch noch da sein, der Gott, von dem ich mich beinahe abgewandt hatte. Er, dem ich mein Elend vorgeworfen habe, vielleicht hat er doch Gutes im Sinn?

Aber eigentlich glaube ich, dass etwas anderes eine ebenso wichtige Rolle gespielt hat.

Dass der Betende alles, wirklich alles, was ihm auf der Seele lag, aussprechen durfte. Niemand hat ihm den Mund verboten, als er Gott anklagte, ja, gar beschimpfte.
Auch Gott selbst hat sich nicht verteidigt, hat ihn nicht in die Schranken gewiesen: „Was fällt dir ein?“ Und dann, als alles, jede Frage und jede Klage, zum Himmel geschrien ist, da ist es, als ob eine Mauer zerbröselt, die Gott verstellt. Dahinter wird er ganz neu erkennbar: als Liebender, der Zukunft schenkt.

Tina Willms

Schmerzhafte Versprechen

Monatsspruch Oktober 2023: Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst. Jakobus 1,22


„Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.“ Es ist sehr schmerzhaft, wenn man sich und anderen eingestehen muss, dass man sich selbst betrogen hat. Wahrscheinlich sind deswegen Schuldeingeständnisse sehr selten. Mit dem Stuttgarter Schuldbekenntnis vom 19. Oktober 1945 gestand die Deutsche Evangelische Kirche ihr Versagen im Dritten Reich ein. Dort heißt es: „Wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“ Der biblische Jakobusbrief warnt vor Selbstbetrug und weist auf den Zusammenhang von Hören, Reden und Tun hin.

Im Jahr 2022 sind aus der evangelischen Kirche in Deutschland 380.000 Menschen ausgetreten. 380.000 Menschen, die getauft worden sind und deren Eltern versprochen haben, dass sie ihre Kinder im christlichen Glauben erziehen.
380.000 Menschen, die neben dem evangelischen Religionsunterricht in der Schule kirchlichen Unterricht bekommen haben.

380.000 Menschen, die bei ihrer Konfirmation versprochen haben, dass sie im christlichen Glauben wachsen und unterwegs bleiben wollen. Die evangelische Kirche in Deutschland hat lange darüber hinweggesehen, weshalb die Menschen ihrem einstigen Versprechen nicht mehr nachkommen wollen. Dabei sollte ihre eigene Botschaft doch ein festes Fundament sein.

Reinhard Ellsel

Gott kommt zu seinem Ziel

Monatsspruch Oktober 2022:
Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher
über die ganze Schöpfung. Gerecht
und zuverlässig sind deine Wege,
du König der Völker.
Offenbarung 15,3

Was kommt denn noch alles auf uns zu? So fragen sich viele angesichts von Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Klima-Wandel. Man mag schon gar nicht mehr in die Zeitung schauen.

Ein Blick in die Bibel: Die Offenbarung des Johannes ist ein Trostbuch für Bedrängte und Unterdrückte. Für sie ist es tröstlich zu wissen, dass Opfer und Täter vor Gott nicht eins und gleich gültig sind, dass ihr Leiden von Gott nicht übersehen wird. Sie wissen: Gott hat die Geschicke seiner Welt nicht aus den Händen gegeben. Gott regiert und kommt trotz aller Katastrophen zu seinem Ziel.

Der Bibeltext „Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher über die ganze Schöpfung. Gerecht und zuverlässig sind deine Wege, du König der Völker“ ist ein himmlisches Loblied von Christen, die von Gott gerettet worden sind. In diesem Loblied ist von Gottes Allmacht die Rede! Allmacht – das ist im wahrsten Sinne des Wortes nicht unsere Sache. Allmacht ‒ das ist die uns abgewandte, unzugängliche Seite Gottes. Sie schränkt unsere menschlichen Allmachts-Fantasien wohltuend ein. Sie erdet uns. Nein, wir haben das Leben und die Schöpfung trotz aller technischen Möglichkeiten nicht im Griff. Aber wir können uns Gott anvertrauen und mit Worten von Gustav Heinemann trotzig und getrost bekennen: „Lasst uns der Welt antworten, wenn sie uns furchtsam machen will: Eure Herren gehen, unser Herr aber kommt!“

Reinhard Ellsel