Die kostbare Perle des Glaubens

Predigt zum Gemeindefest der Thomaskirche
von Pfarrerin Gabriele Edelmann-Richter

Liebe Gemeinde,
suchen Sie noch oder leben Sie schon?
Was für eine Frage!
Da passt doch was nicht, werden sich einige von Ihnen denken. Das muss doch heißen: Suchen Sie noch oder haben Sie schon gefunden?
Und was ist es eigentlich, nach dem Sie suchen sollen, das so wichtig ist, dass es gleich im ersten Satz der Predigt aufgeworfen wird?

Unser kleines Anspiel vorhin hat uns schon neugierig gemacht und manch einen von uns schon nachdenken lassen.

Ich verlese noch einmal den heutigen Predigttext:
Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; in seinerFreude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte und kaufte den Acker. Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte und kaufte sie.

 Zwei Sätze nur, liebe Gemeinde und zwei große Geschichten. Zwei Momente nur – und zwei umgekrempelte Lebensläufe. Zwei unterschiedliche Menschen, die etwas Wunderbares finden und nichts bleibt wie es war.
Um das Finden geht es in den beiden Gleichnissen, die Jesus da erzählt. Um die Freude des Findens.
Aufgrund dieser Freude bleibt nichts wie es war!

Ver-rückt ist das, im buchstäblichen Sinn des Wortes.
Diese beiden Kurzgleichnisse Jesu lassen unglaubliche Emotionen hochkommen. Sie gehören zur Weltliteratur.

Werfen wir einen Blick in die Zeit der Entstehung dieser zwei Gleichnisse:
Zurzeit Jesu gehörten in Palästina nur wenige Prozent der Oberschicht und nur wenige Prozent der Mittelschicht an.
60 Prozent Unterschicht und 30 Prozent Entwurzelte.
Im ganzen Land machte sich ein Verelendungsprozess breit.
Während der Besetzung des Landes durch die Römer kam es zu Landenteignungen. Anhaltende Zeiten der Dürre zwangen viele Menschen zur Auswanderung. 1 Mio Juden lebten in Palästina, 5 Mio Juden lebten schon außerhalb des Heimatlandes.
Viele Menschen waren in der Schuldenfalle gefangen und mussten Land verkaufen, um Saatgut kaufen zu können.

Vor allem diese Menschen träumten davon, irgendwann einen Schatz zu finden. Im Judentum kursierten deshalb etliche Schatzfundgeschichten, die diese Träume nährten.
Der Kleinpächter in unserem Gleichnis findet beim Pflügen einen Schatz: 
Der Holzpflug bleibt auf einmal stecken inmitten der vielen Steine. Der Bauer wird erstmal fluchen. Doch als er merkt, dass er den größten Fund seines Lebens entdeckt hat, wird ihm plötzlich klar, dass er mit diesem Fund eine langfristige Perspektive hat. Nicht nur ein schnelles Glück.
Aber erst einmal muss er ganz cool und besonnen bleiben, denn der Acker gehört ihm nicht. Und so gehört ihm auch der Schatz nicht.

Liebe Gemeinde, Sie sehen schon, Finden heißt noch lange nicht Besitzen!
In diesem Gleichnis geht es darum, dass du erstmal in den Besitz kommen musst.
Also: Steht der Bauer dabei vor einer Wahl?… auf keinen Fall… für ihn ist es ganz klar, dass er alles dafür tun muss!
Mit unvorstellbarer Freude geht er heim und verkauft alles, was er hat, was ihn bisher im Leben gehalten hat, vielleicht sogar gefangen gehalten hat, um den Acker zu kaufen.
Dass er sich dafür entschieden hat, verdankt er dem Schatz.
Er handelt konsequent!
Aber was macht er mit dem Schatz?

Jesus erzählt nichts davon, was der Finder jetzt mit dem Schatz macht … Das spielt bei dem Gleichnis keine Rolle.
Es geht um eine Entscheidung!
… nicht um die Folgen, die ergeben sich von selbst!

Jesus erzählt dazu noch die Geschichte mit dem Perlenkaufmann.
Wieder eine außergewöhnliche Erzählung.
Denn im gesamten Judentum der Antike gibt es keine Perlenfundgeschichte.
Perlenfunde gab es in Palästina nicht, nur im Indischen Ozean oder im Roten Meer.
Perlen kamen im Leben gewöhnlicher Menschen nicht vor. Eine Perle zu besitzen war unglaublich. Nur für die wirklich Reichen möglich.

An dieser Stelle sehen wir, dass sich Jesus auch für die Reichen, für die Großhandelsleute interessiert.
Perlen waren damals wertvoller als Silber und Gold.
Perlen waren der Inbegriff des Schönen und Wertvollen.
Als der Händler diese Perle fand, war er überwältigt und so traf er die schwerwiegendste Entscheidung seines Lebens.
Auch er verkaufte alles, was er hatte, um die Perle zu kaufen.

Wir fragen uns:
Weshalb verwendet Jesus diese Bilder, die bei seinen Zuhörern großes Kopf-Kino entstehen lassen?
Wie redet er von Gott und dem Himmelreich?

Schließen Sie einmal die Augen und lassen Sie die Stichworte vor Ihrem inneren Auge vorüberziehen!
Achten Sie dabei auf Ihre Assoziationen!

– Unverhoffter Schatz – überwältigende Überraschung – wertvolle Perle – Kostbarkeit – überschwängliche Freude – Änderung des ganzen Lebens …

Merken Sie, was in Ihrem Kopf gerade passiert?
Welche Faszination von diesen Gleichnissen der Weltliteratur ausgeht?
Jesus schafft es, uns mit dieser Gattung der Schatzfundgeschichte klar zu machen, dass jeder Schatz erst einmal verborgen ist.
Jesus verweist seinen Zuhörer darauf:
Bis Du den Schatz Gott entdeckst, meinst Du, ihn gibt es gar nicht. Gott ist verborgen!
Und wenn Du das ernst nimmst, dann weißt Du, Gott ist keine Tatsache, kein Objekt, Gott ist eine Überraschung. Also auch die Vernunft kann Gott nicht wahrnehmen!

Dennoch fragen viele Menschen häufig:
Wer/wo/wie ist Gott?
Wie kann ich in Gemeinschaft mit Gott leben?

Liebe Gemeinde,
keine Wissenschaft, keine Philosophie, keine Theologie kann das klären.
Unser intellektueller Stolz muss hier aufgeben!
Die Verborgenheit Gottes muss angemessen gewürdigt werden. Gott ist nicht nur unsichtbar wie die Luft oder der Strom, sondern er ist verborgen. Er erscheint unter keinem Radar. Gott kann nicht vermessen werden.
In unserem Gleichnis findet der Mensch einen Schatz auf einem Acker, den er erst kaufen muss.

So ist das auch mit Gott, er ist nicht von Anfang an Dein Eigentum, er ist nicht in der Tiefe Deiner Person oder Deiner Gedanken zu finden; er liegt auf fremdem Territorium.
So spricht der Herr: „Meine Wege sind nicht eure Wege, meine Gedanken sind nicht eure Gedanken.“
Wir müssen seine kategoriale Fremdheit akzeptieren!
Gott ist kein Mensch, Gott ist ganz anders als ich.

Der große Theologe Karl Barth sagte: „Gott ist der ganz andere!“
Gott schenkt das Leben! – eine Überraschung!
Die Auseinandersetzung mit ihm verändert Dein ganzes Leben! Unser Verstand kann ihn nicht erfassen.
Die Entscheidung für Gott entstammt der Freude und der Dankbarkeit über den Schatz. In der Kraft des Schatzes wird die Entscheidung gefällt!
Aber wenn Du den gefundenen Schatz Dein Eigentum nennen möchtest und eine Beziehung zu ihm aufbauen möchtest, musst Du alles aufgeben!
Das heißt, dass Gott nicht nur zusätzlich erworben werden kann, …. ein wenig, halt ab und zu, mal beim Wandern und mal in einem Gottesdienst …
Gott lässt sich nicht unter Wert finden!
Er will die Nummer eins sein!
Gott ist anspruchsvoll!
Er ist dein Schöpfer, der das Ziel deines Lebens kennt!

Und deshalb spricht Jesus: Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit, dann wird euch alles andere zufallen!

AMEN

25-jähriges Dienstjubiläum

Ende September konnte Frau Edda Gunnesch ihr 25-jähriges Dienstjubiläum als Mesnerin und Hausmeisterin in unserer Stephanuskirche feiern.

Wie sie selbst sagt, ist ihr die Stephanuskirche in all den Jahren zur zweiten Heimat geworden. Sie kommt nicht nur zu ihrem Arbeitsplatz gern, sondern sie fühlt sich auch bei den Gottesdiensten sehr wohl.

Herzlichen Dank an Frau Gunnesch für den Einsatz und die Mitarbeit in unserer Stephanuskirche!
Wir hoffen, dass sie noch viele Jahre im Dienst unserer Kirchengemeinde stehen kann!

Zur Überreichung der Ehrenurkunde aus dem Staatsministerium kamen auch Mitglieder unseres Kirchenvorstandes. Glückwünsche, ein Korb mit Feinem für die Gesundheit und wunderschöne Blumen rundeten den feierlichen Moment ab.

Gabriele Edelmann-Richter, Pfarrerin

Herzlichen Glückwunsch!

Bitte recht freundlich!

Ökumenischer Segen für das Tunnelbauwerk der U3

Am Freitag, den 7. August fand zum Baubeginn der Tunnelstrecke zwischen Bhf. Großreuth und Bhf. Gebersdorf eine Tunnelanschlagsfeier mit den am Bau Beteiligten statt.

Nach der Begrüßung durch Herrn Planungs-und Baureferenten Daniel Ulrich gab es Grußworte des Herrn Oberbürgermeisters Marcus König, des Herrn Innenministers Joachim Herrmann und eines Vertreters der bauausführenden Firma.

Die Vertreter der Politik betonten die Notwendigkeit einer guten Infrastruktur im Nürnberger Westen, der in den kommenden Jahren zu einem attraktiven Stadtgebiet ausgebaut werden soll.

Da sich die Bauarbeiter der beiden Tunnelröhren in den kommenden 5 Jahren auch Gefahren aussetzen, erbaten Frau Pfarrerin Gabriele Edelmann-Richter und Herr Pastoralreferent Wolfgang Janus göttlichen Schutz für das Großprojekt.

In guter Tradition der Bergleute besann man sich auf die Heilige Barbara.
Sie ist die Schutzheilige der Bergleute und Tunnelbauer.
Die Legende berichtet von einer tapferen und mutigen Frau, die sich im 3.Jhd. gegen den Willen ihrer Familie zum Christentum bekehrte. In einer Felsspalte fand sie Schutz vor ihrem wütenden Vater, ehe sie dann doch den Märtyrertod starb.

Nach einer Kurzansprache von Frau Pfarrerin Edelmann-Richter segnete Herr Pastoralreferent Janus die beiden Tunnelröhren und zwei Skulpturen der Heiligen Barbara mit Weihwasser.

Die Tunnelpatin Frau Anke König stellte die Skulpturen dann in Nischen an den Tunneleinfahrten, drückte auf den roten Buzzer und gab damit das Startsignal für die Bauarbeiten.

Glück auf und Gottes Segen für die Neubaustrecke der U3!

Gabriele Edelmann-Richter, Pfrin.

Gesucht: Kinderpfleger/in

Wir suchen für unser Team vom evangelischen Kindergarten Regenbogen ab 1. September 2020 eine/n engagierte/n, freundliche/n,  aufgeschlossene/n Kinderpfleger/in in Vollzeit (40 Wochenstunden).
Wir bieten eine unbefristete Stelle, Vergütung nach Tarif TV-L und kirchliche Zusatzversorgung,  sowie sehr gute Fortbildungsmöglichkeiten.

Die Bildungsschwerpunkte in unserem Kindergarten liegen in der regelmäßigen aktiven Bewegung, in der Auseinandersetzung mit den Naturwissenschaften und im kreativen Gestalten. 

Wir erwarten von Ihnen eine abgeschlossene Berufsausbildung zur/zum staatl.  anerkannten Kinderpfleger/in, Einfühlungsvermögen und einen wertschätzenden Umgang mit Kindern im Alter von ca. 3-6 Jahren und deren Eltern,  sowie die Freude an der Vermittlung christlicher Werte. 

Die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche (ACK) ist Anstellungsvoraussetzung.

Rückfragen und Bewerbungen an:

Evang. Kindergarten Regenbogen
Frau Inge Miess
Gebersdorfer Str. 163
90449 Nürnberg 
Kindergarten_stephanuskiche@yahoo.de
Tel. 686968

Stadtverführung mit Pfarrer Schoßwald

Vom 18.-20. September finden in Nürnberg die Stadtverführungen statt, bei denen am ganzen Wochenende eine Vielzahl von speziellen Führungen in Nürnberg angeboten werden. Eine besondere Führung leitet Pfarrer Dr. Schoßwald zu den Themen „Pest, Bahn und Multikulti“ von der Jakobskirche durch den Plärrer über den Rochusfriedhof zwischen den Kneipen und der Dreieinigkeitskirche bis zum Ludwigsbahndenkmal. Die Führung dauert ca eine Stunde. Allerdings muss man sich vorher Karten dafür besorgen, die auch für die anderen Führungen gelten. 

Die speziellen Führungen finden statt am Samstag 19.09.20 um 11, 13 und 15 Uhr. Für die ganze Aktion erscheint ein Veranstaltungskalender.

Frieden – ein Zauberwort?!

4. So. n. Trin 2020 – Predigt zu Röm. 12,17-21 von Pfarrerin Gabriele
Edelmann-Richter

Liebe Gemeinde!

Sie und ich kennen das: Zwei Menschen geraten aneinander. Der eine macht dem andern einen Vorwurf. Der andere kontert. Wut breitet sich aus. Die Stimmen werden lauter, die Gesten wilder. Einem rutscht eine Beleidigung heraus. Der andere keift zurück. Es ist alles dabei: Demütigungen, Verletzungen, Drohungen. Manchmal kommt es gar zu Handgreiflichkeiten. Tiefe Wunden sind das Ergebnis.

Solche Szenen spielen sich auf dem Schulhof ab, im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz, nicht selten auch in den Familien.
Es steckt irgendwie in uns, dass wir nach Beleidigungen zurückschlagen, meist mit Worten! 
Wie du mir, so ich dir!

Diese Verhaltensweisen waren auch schon zu Zeiten des Paulus bekannt. So schreibt er an die Gemeinde in Rom folgendes: – Es ist zugleich unser Predigttext –

„Vergeltet niemand Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes. Denn es steht geschrieben: Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr. Vielmehr: Wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!“

Paulus scheint die Gemeinde in Rom gut zu kennen, er weiß, wie schnell die Emotionen hochkochen können.
Er hat die Hitzköpfe vor Augen, die sich nichts gefallen lassen und mit Eifer in die Schlacht ziehen. Paulus kennt aber auch die Gedemütigten, die fast ersticken an ihrem stumm erlittenen Unrecht.

Wir haben in unserer Sprache Sprichwörter, die die Fragen nach Recht und Gerechtigkeit, aber auch nach Rache und Vergeltung aufgreifen.
Wir kennen diese Sprichwörter alle: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem Bösen Nachbarn nicht gefällt!“ oder: „Rache ist süß“ oder: „Auge um Auge, Zahn um Zahn!“

Wir können gut nachvollziehen, wenn jemand aus tiefstem Schmerz, Wut und Verzweiflung Rache üben will an einem Täter, der Unheil über einen geliebten Menschen gebracht hat.

Was aber ist das Böse, was ist das Gute?

 Wo stehe ich selbst? 

Kinder und auch noch Jugendliche haben ein klares Bild von Gut und Böse, Schwarz und Weiß.  Wenn ich mit meinen Schülern diskutiere, fordern sie sehr schnell die Todesstrafe, weil unsere deutsche Rechtsprechung doch zu milde sei und Gewaltverbrecher nie wieder freikommen dürften. 
Manchmal ringe ich in solchen Diskussionen um Argumente und kann ihr Anliegen durchaus nachvollziehen. 

Auch Paulus wusste, wie unendlich schwer es mitunter ist, Böses mit Gutem zu überwinden:
„Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt Frieden mit allen Menschen!“ 

Da klingt ganz deutlich durch, dass es nicht einfach ist, Frieden zu schließen.

In Wahrheit aber haben wir keine bessere Alternative!
Denn wo kämen wir hin, wenn vernünftige Regierungen nicht in mühsamen Verhandlungen und trotz schmerzlicher Rückschritte beharrlich weiter nach friedlichen Lösungen suchen würden.
Wo kämen wir hin ohne die engagierten, mutigen Bürgerinnen und Bürger, die bei Gewalt nicht wegschauen. Wo kämen wir hin ohne die Menschen, die aufeinander zugehen, wieder und wieder dem andern die Hand reichen, um irgendwann im Frieden nebeneinander zu wohnen. 

An unseren Schulen werden sogenannte Streitschlichter ausgebildet. Da lernen die Kinder schon in jungen Jahren, wie man am besten in Krisensituationen vermittelt, wie man Streithähne zu Wort kommen lässt und diese dann  versteht, wie der andere tickt und weshalb der andere so schlecht drauf ist.

Wo kämen wir hin, wenn es sie nicht gäbe, die wahren Helden des Alltags! Sie geben acht auf ihr Umfeld und schreiten mutig ein, benennen das Unrecht, fordern Gespräche ein. Und verhandeln geschickt.
Ich denke dabei auch an die Aktivisten von Amnesty International, die sich weltweit für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen, ich denke an die Aktivisten, die sich zur Zeit in den USA  verstärkt für die Gleichbehandlung der Afroamerikaner einsetzen, weil es auch  im Jahr 2020 jeden Tag ungerechte Behandlung von Afroamerikanern durch die dortige Polizei gibt.

 Ich denke aber auch an die Engagierten, die sich für einen friedvollen Umgang mit der Schöpfung einsetzen; Menschen, die einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur vorleben.

Genau so wird es in unserem Predigttext gefordert: „Überwinde, ja besiege das Böse mit Gutem!“

Ein kluger Gedanke dazu ist uns auch von dem englischen Philosophen und Staatsmann des 16. Jhds., Sir Francis Bacon, überliefert.
Er meinte: „Wer nach Rache strebt, hält seine eigenen Wunden offen!“
Das ist wahr, wo alte Wunden offenbleiben, da kann kein innerer Frieden einziehen. Da kann die Liebe keinen Raum mehr gewinnen. 

Wenn wir genau hinschauen, sehen wir, dass Rache nur für kurze Momente eine Genugtuung bringt. 
Niemals aber bringt Rache Frieden, Versöhnung, Liebe oder Glück.

Das Böse wird es in dieser Welt immer geben. Immer wieder bricht es in die gute Schöpfung Gottes herein. Obwohl wir durch Kultur, Erziehung, aber auch durch Gesetze versuchen, das Böse einzudämmen, müssen wir doch allezeit mit einem Ausbruch desselbigen rechnen.

Paulus appellierte damals an seine Zuhörer im Namen Jesu Christi, das Böse durch Gutes zu überwinden. Schließlich stehen Christen Jesu gegenüber in der Verantwortung, am Friedensreich Gottes mitzuwirken! 

Liebe Gemeinde,
wir müssen nicht jeden Menschen lieben können oder ihn mögen, aber wir sollen schlicht das Nötige für ihn tun –  mehr wird von uns nicht verlangt.
An dieser Stelle sind wir alle gefordert, immer wieder auch über den eigenen Schatten zu springen. 
Und wenn es manchmal nicht gelingen kann zu vergeben oder sich zu versöhnen, so kann es vielleicht doch gelingen, die Rache Gott zu überlassen. Auch das kann wahre Befreiung sein!

Wichtig ist auch, sich rechtzeitig zu versöhnen. Bei Trauergesprächen höre ich immer wieder, dass es bis zum Schluss zu keiner Versöhnung mit dem Verstorbenen kam. Versöhnung schien zu Lebzeiten unmöglich. 
Aber ohne rechtzeitige Versöhnung kann selbst nach dem Tod des anderen kein Friede ins Leben einkehren. Oftmals werden Angehörige noch lange von Albträumen begleitet. 

Mein Appell lautet deshalb:

Dem durstigen und hungrigen Feind zu trinken und zu essen geben, dann wird er vielleicht bereuen oder gar umkehren!

„Gib deinen Mitmenschen mehr, als sie erwarten und mache es mit Freude, mit einem Lächeln auf dem Gesicht!“
So hat es einmal der Friedensnobelpreisträger, der Dalai Lama, gesagt. 

Nicht immer, aber manchmal liegt es auch an uns selbst und an unserer Einstellung, ob wir Frieden halten und ihn ermöglichen.

AMEN

„Petrus staunt, die Menge raunt“

Predigt zur Gebersdorfer Kärwa von Pfarrerin Gabriele Edelmann-Richter

Liebe Kärwagemeinde,

jetzt wird’s aber Zeit, ihr lieben Leut,
dass wir, wenn schon sonst nicht viel geht,
zumindest an‘ Gottesdienst feiern heut.
Na ja, zuviel Kärwagäst‘ dürfen ja net rein in uns’re Kirch‘
und deshalb, hab ich mir gedacht,
des wär doch wirklich gelacht,
wenn wir kan g’scheiten Gottesdienst zambringa
mit Lach’n, Bet’n und schee Singa.

Kurz und gut, die Gobels wurden angefragt
und haben ganz schnell zugesagt.
So stehn wir heuer hier,
leider ohne die Maß Bier,
aber unterm freien Himmel,
in frischer Luft mit Blick nach oben
und woll’n so den Herrgott loben
für all das Schöne, das er uns gab:
Freundschaften, Liebe, himmlische Speisen,
momentan leider grad keine weiten Reisen,
aber auch das wird wieder besser
und lässt uns hoffen,
der Blick zum Himmel,
der steht uns nämlich immer offen.

So erfreu’n wir uns an der Bandmusik,
wir lassen uns verzaubern von den Klängen
auch auf den hinteren Rängen.

Natürlich gibt’s auch was aus der Bibel,
was Lukas der Evangelist hat g’schrieb’n.
Darum liebe Gemeinde spitz das Ohr,
sowas Gereimtes kommt nicht oft vor.

Ich werde jetzt mal den Text befragen,
den wir vorhin gehöret haben.
Was will uns sagen, das Evangelium,
die frohe Botschaft heut und hier?
Und was hat sie zu tun mit mir und dir?
Denn erst wenn ich dies begriffen hab,
färbt das auf mein Leben ab.
Was damals am See Genezareth geschah ist allen bekannt,
Jesus da vor vielen Leuten stand.
Seinen Worten zuzuhören, war für viele Leut damals ein Muss,
denn was er sagte, hatte Hand und Fuß!
Doch weil sich alles drängen tat,
ging er zum Ufer und er bat
die dort versammelten Fischer, nochmal hinauszufahr’n,
damit er vom Boot aus lehren kann.

Als er geendet, sprach Jesus zu Simon,
der wirklich frustrieret war:
„Fahr nochmal auf den See hinaus
und wirf dein Fischernetz dort aus.“
Doch ehrlich g’sagt, Simon wusste nicht so recht:
Ist das ein Scherz? Meint Jesus das echt?

Wer glaubt, der gewinnt!
Das könnten wir dazu ganz locker sagen,
Petrus aber ist vom Fang so überwältigt,
dass er nur staunt,
das Volk um ihn herum verwirrt nur raunt.

Jesus beruhigt Petrus schnell,
er bräuchte nicht zu bangen,
denn von nun an soll er Menschen fangen.
„Hab keine Angst und folge mir.
Eine gute Botschaft geb ich dir
mit auf deinen neuen Weg:
Jeder soll erfahren, dass Gott die Menschen wirklich liebt
uns Zukunft schenkt
und auch die Schuld vergibt.“

Und so ziehen noch 11 weitere mit Jesus übers Land,
Apostel werden sie genannt.
In Jesu Nähe spüren sie,
ganz deutlich Gottes Energie!

Was sagt uns das, was hier gescheh’n?
Bei Gott kann wirklich alles geh’n!
Nichts gibt es, was unmöglich ist,
wenn du vertraust und offen bist.
Begleiten will dich Gott durch alle Zeit,
drum Mensch gib acht und sei bereit,
wenn er dich in den Dienst beruft.

Denn nichts auf der Welt vermehrt sich schneller,
als seine Lieb, die wird noch heller,
wärmer, größer, wenn wir sie weitergeben
an den, der’s braucht in seinem Leben.

So hab ich doch die letzten Wochen
mit vielen ält’ren Gebersdorfern gsprochen,
die dankbar sind für all die Leut,
die sich gekümmert ham mit Freud,
da wurde Essen gebracht, auch Literatur,
damit keinem langweilig wurd‘ toujour.

Auch bei den Familien sind oft schon die Nerven blank gelegen,
als standen sie im Regen,
vor allem bei denen, die Kinder ham‘,
die den ganzen Tag zuhause war’n.

Endlich kann ich heut verkünden:
Unser Kindergarten macht für alle Kinder wieder auf,
des gibt uns Hoffnung, des gibt Applaus!

„Geduld musst‘ haben“, so sagt der Franke
und „Werd scho‘ wer’n“ – des hör’n wir gern.

Und deshalb sag ich noch einmal,
lasst euch nicht unterkrieg’n und schmiedet Pläne
für des, was kommt nach der ganzen Quarantäne.
Das Leben geht weiter,
des is g’wiess, auch wenn wir denken,
2020 is a B’schieß.
Nix läuft so wie all die Jahr,
selbst unser‘ Kärwa – glaubst des gar –
die is verschwund’n aus’m Kalendar.
Doch lasst euch nochmal sag’n, was war
vor ungefähr 2000 Jahr:

Da wollten die Fischer auch ganz g’frustet geh‘,
obgleich es doch war am See Genezareth ganz schee.
Doch was nützt’s, wenn’s schee is und du hast nix zum Essen,
da is die Freud‘ ganz schnell vergessen.

Des hat der Jesus g’spürt und hat ruck zuck drauf reagiert:
„Verlasst euch ganz auf mich!“ hat er den Fischern damals g’sacht.
Manch einer hat noch drüber g’lacht.
Aber dann, als die Fisch‘ ins Netz sind ganga,
da war klar, das kann nur aner.
Der hat‘ s drauf, dem folg’n mer nach!

Wie des Ganze nausganga is, des wissen wir heut.
Schaut euch nur um ihr Christen Leut.
Vor über 80 Jahr a Haus hab’n die Gebersdorfer baut
für ihre kleine Welt
Genau deshalb feiern wir heut,
ausnahmsweis‘ unter’m Himmelszelt.

Menschenfischer soll’n wir alle werden.
Vom Unglaublichen berichten und erzählen,
dann können die Zuhörer wählen,
ob sie ihren Blick in die Zukunft richten
oder weiter bleiben im Unbelichten.

Dass uns des g’lingt, das wünsch ich uns heut,
allen miteinander ihr Kärwa Leut!

Drum lass‘ uns singa und fein bet’n zu unserm Gott,
der uns ist treu in aller Not!

Des war’s jetzt mit der Kärwapredich.
Ich wünsch an g’segnet’n Sonntag
und euer Glaube bleibe ewig!

Amen!

Predigt zum Sonntag Exaudi

Exaudi 2020   Jeremia 31,31-34: Der neue Bund mit Gott

Der Gott des Friedens und der Gnade segne unser Reden und Hören durch Jesus Christus!

Jer.31,31-34:
Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, mein Bund, den sie gebrochen haben, ob ich gleich ihr Herr war, sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit. Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen:“ Erkenne den Herrn“, denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.

Liebe Gemeinde

„Aufgemerkt! Pass auf! Horch amol!“
So klingt auf fränkisch unser heutiges Predigtmotto zum Sonntag Exaudi.
„Um wos geht’s ?“ fragt dann der Franke weiter.
Antwort: „Um den neuen Bund Gottes mit den Menschen.“
„Und wos is dann mit dem alt’n Bund gemeint?“
Antwort: „Na, da werfen wir mal einen Blick auf die Geschichte des Gottesvolkes Israel!“

Es war vor vielen tausend Jahren, als sich die großen Überschwemmungen der Sintflut zurückgezogen hatten.
Noah hatte sich mit seiner Familie und vielen Tierpärchen auf einer Arche retten können.
Dafür wollte er Gott danken und baute ihm einen Altar.
Gott sprach daraufhin zu ihm: „Siehe, ich richte mit euch einen Bund auf und mit euren Nachkommen und mit allem lebendigen Getier bei euch, dass hinfort keine Sintflut mehr kommen soll, die die Erde verderbe.“

Liebe Gemeinde,
das ist laut Bibel der erste Bund, den Gott mit den Menschen schließt. Als sichtbares Zeichen dafür setzt er noch einen schönen, bunten Regenbogen an den Himmel, der den Bund bestätigen soll und den Himmel mit der Erde verbindet.

Etliche Jahrhunderte später kommt es wieder zu einem Ereignis, welches den Bund Gottes mit seinem Volk bestätigt:
Es ist die Zeit des Exodus, die Zeit, in der das Volk Israel von Mose und seinem Bruder Aaron aus Ägypten herausgeführt wird.
Auf ihrem langen Weg durch die Wüste steigt Mose eines Tages auf den Berg Sinai und erhält auf zwei Steintafeln die 10 Gebote. Die ersten drei Gebote beschreiben das Verhältnis der Menschen zu Gott, so wie es sein soll … und die Gebote 4-10 weisen die Menschen an, wie sie sich ihren Mitmenschen gegenüber verhalten sollen.
Gott macht mit seinem Volk einen Vertrag, er schließt mit seinem Volk einen Bund mit folgender Abmachung: Wenn sein Volk sich an seine Gebote hält, verspricht er ewige Treue und Schutz!

Wie Sie vielleicht wissen, hielt sich das Volk Gottes nicht immer an die Vereinbarungen.
Die Verlockungen und Verführungen des Alltags waren oftmals zu groß. Das war früher so und das ist auch heute noch so.
Und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass es im Jahr 586 vor Christus zu einem einschneidenden Ereignis in Jerusalem kommt:  Der Prophet Jeremia hat das Szenario aufgrund der vielen Verfehlungen und Gotteslästerungen vorhergesagt. Doch keiner hört auf ihn.  Denn wer lässt sich schon gern auf sein Versagen und seine Gottlosigkeit ansprechen. Gottes Geduld mit seinem Volk kommt an die Grenze und…die Strafe Gottes folgt!
Der babylonische König Nebukadnezar zieht mit seinem Heer Richtung Westen nach Jerusalem, zerstört den Tempel und die Stadt und verschleppt die Oberschicht, also die Gebildeten und Geistlichen nach Babylon ins Exil.

Jeremia aber hatte bereits vorher in seinen Prophezeiungen dem Volk Gottes noch einen Hoffnungsschimmer mitgegeben, er lautet:
„So spricht der Herr: Siehe, es kommt die Zeit, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen.“

Liebe Gemeinde,
jetzt machen wir einen gewaltigen Zeitsprung in das Jahr 2020. Seit Mitte März, nun seit 10 Wochen, leben wir mit Kontaktbeschränkungen. Unser gewohntes Leben ist auf den Kopf gestellt.
Viele von uns stellen sich – genau wie damals das Volk Gottes – die Fragen:
Wie soll es weitergehen? Ab wann können wir wieder hingehen, wohin wir möchten?

Auf unserem Liedblatt finden Sie passend dazu Gedanken der Trägerin des Literaturnobelpreises Selma Lagerlöf. Die schwedische Schriftstellerin machte vor allem Kindern Mut, wie z.B. mit „Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen“, stets nach vorne zu schauen. Für uns Erwachsene schrieb sie den Satz zum Nachdenken:
„Man soll nicht ängstlich fragen: Was wird und kann noch kommen? Sondern sagen: Ich bin gespannt, was Gott jetzt noch mit mir vorhat!“
Nach der Krise geht es weiter!

Genau das ist gemeint mit dem Bund zwischen Gott und Mensch: Tief verbunden in gegenseitiger Verpflichtung, kann sich der eine auf den andern verlassen! Widrige Umstände schmälern den Zusammenhalt nicht! Die Zusagen sind gesetzt und zwar unumstößlich!

Liebe Gemeinde,
die Bündnisse zwischen Menschen halten leider nicht immer ewig, denken wir an das Ehebündnis oder an staatliche Bündnisse oder gar militärische Bündnisse. Immer wieder kommt es vor, dass ein Vertragspartner den Bund aufkündigt. Das erleben wir täglich oder lesen und hören davon gerade wieder in den vergangenen Tagen in den Medien.

Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Aber wo und wie können wir uns des Bundes mit Gott vergewissern?
Schauen wir dazu noch einmal in die Bibel!
Vor etwa 2000 Jahren sprach Jesus zu seinen Jüngern beim letzten Abendmahl folgende Worte: „Nehmt hin und esst, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. – Nehmt hin und trinkt, das ist mein Blut des Neuen Testamentes, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut!“
Während Jesus diese Worte spricht, wird den Jüngern klar, wo Jesus ist, da ist der Neue Bund, den der Prophet angekündigt hat.
Wir erinnern uns auch an Jesu Worte: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter euch!“

Darauf dürfen wir uns verlassen. Das macht uns ruhig in ungewissen Zeiten.
Der Bund Gottes, den er mit uns Menschen geschlossen hat, ruft uns jeden Tag in die Verantwortung. Auf seine Zusage der Begleitung antworten wir im Umgang mit unseren Mitmenschen:
– Erfahrene Vergebung geben wir weiter.
– Gegebene Versprechen halten wir.
– In Not sind wir für andere da.
– Schöne und schwere Wege gehen wir gemeinsam.

Liebe Gemeinde,
wir können den Bund mit Gott auch von unserer Seite aus immer wieder erneuern:
Jedes Mal, wenn wir Abendmahl feiern.
Das Abendmahl ist die Feier des Neuen Bundes. Da sitzt Jesus mit uns am Tisch, da trinken wir aus einem Kelch, da verbinden sich Himmel und Erde miteinander.
Zur Zeit ist das leider nicht praktizierbar, aber das Wissen um Gottes Zusage, um seinen ewigen Bund mit uns Menschen lässt uns ausharren und geduldig sein und Ausschau halten nach dem Regenbogen.

Lasst uns gespannt sein, was Gott noch mit uns vorhat!

Der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

AMEN

Pfarrerin Gabriele Edelmann-Richter

Predigt Christi Himmelfahrt

Himmelfahrt 21.05.20   Joh.17,20-26: Jesu Testament

Liebe Gemeinde,

der Himmelfahrtstag hat sich in der Rangfolge der kirchlichen Feiertage schon lange auf einem Abstiegsplatz festgesetzt.
Manchmal ereilt uns der Eindruck, dass dieser Feiertag nur dank der Vatertagsidee überlebt hat. Hinaus ins Grüne, mit Freunden, Gleichgesinnten, dem Himmel ganz nah zu sein, das ist der Wunsch vieler.

Doch in diesem Jahr ist das so nicht möglich. Nur sehr kleine Gruppen dürfen heute unterwegs sein. Und auch für uns in der Stephanuskirche ist heute einiges anders. Der viele Jahre übliche Gottesdienstort am Hainberg wurde uns aus Naturschutz-gründen gestrichen. Und für ein großes ökumenisches Treffen auf der Leitzmannwiese in Kleinreuth gab es heuer auch keine Genehmigung durch die Stadt.
Da bleibt uns nichts anderes übrig, als den Himmelfahrtstag für eine Angelegenheit zu nutzen, die meist in geschlossenen Räumen stattfindet und unseren Blick in Richtung Himmel zu richten.

Liebe Gemeinde,
willkommen zur Testamentseröffnung!

Sie haben geerbt! Ja, sie sind von einem vermögenden Mann kurz vor seinem Ableben reichlich bedacht worden.
Und heute am Himmelfahrtstag findet die Testamentseröffnung statt!

Aber zuerst klären wir den Begriff „Testament“:
Gemäß unserer modernen Rechtsprechung handelt es sich dabei um „die einseitige Verfügung des Erblassers über den Nachlass“.
Und wann sollte man ein Testament machen?
Klare Antwort: Rechtzeitig!

Schon Martin Luther hat im Jahr 1519 für einen Freund im Sermon „Von der Bereitung zum Sterben“ als erste Aufgabe – nicht Besinnung, Bekehrung oder Gebet verlangt –  sondern ganz und gar weltlich hat er geschrieben, dass der Mensch zuerst sein Hab und Gut ordnen soll.
Luther schreibt: „Weil der Tod ein Abschied von dieser Welt und von allen ihren Geschäften ist, ist es nötig, dass der Mensch über sein zeitliches Gut ordnungsgemäß verfügt, wie es sich gehört.“

Liebe Gemeinde, diese alten friedenstiftenden Hinweise scheinen so manchem unserer Zeitgenossen abhanden gekommen zu sein. Wahrscheinlich fallen einem jeden von uns Familien ein, die sich nach dem Tod eines Angehörigen erst einmal richtig verkrachen, weil eben nichts geordnet war.

Auch zu Jesu Zeiten war Erben und Vererben ein Thema. Haben Sie gewusst, dass auch Jesus ein Testament gemacht hat?
Na klar, das NT!   … werden jetzt einige denken. Also ein ganzes Paket von Äußerungen, Wünschen und Forderungen.
Ich denke dabei aber an den heutigen Predigttext, der sich wie Jesu letzter Wille liest:    
Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden,
dass sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.

Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, auf dass sie eins seien, wie wir eins sind,
ich in ihnen und du in mir, auf dass sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst.

Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet war.
Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast.
Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.

Liebe Gemeinde, weshalb spricht Jesus diese Worte?
Er möchte, dass etwas von seinem Vermächtnis bleibt – auch über seinen Tod hinaus. Damit es nicht dem Zufall oder anderen überlassen bleibt, was aus dem wird, was ihm wichtig war. 
Dabei stellt sich uns die Frage: Was für ein Vermächtnis oder gar Vermögen hat Jesus, was hat er zu verteilen, ehe er zu seinem Vater in den Himmel auffährt?

Nicht Geld, sondern Geltung – nicht Wertpapiere, sondern Werte hat er zu verteilen!

Der Glaube, die Liebe und die Hoffnung als Verbindung zum Vater im Himmel.

Die Erlösung von allem, was gefangen hält und abhängig macht.

 Die Freiheit der Kinder Gottes, das ist es, was Jesus in die Welt gebracht hat!

Wenn also Jesus an Himmelfahrt zurück zu seinem Vater geht, vererbt er uns vieles, was wir mit großer Verantwortung weitertragen sollen.
„In Verantwortung“ den Glauben weitertragen, das heißt dann, um im juristischen Fachjargon zu bleiben, dem Streit vorzubeugen, Spaltungen zu verhindern.

 M. Luther hat es so ausgedrückt: „damit nach dem Tod kein Anlass zu Zank, Hader oder sonst einem Zwist unter den Hinterbliebenen vorhanden ist“. 
Auch Jesus hatte das im Sinn!
Sein einziger Wunsch für seine Nachfolger war, dass sie sich einig sind im Glauben an ihn und seinen himmlischen Vater.

Aber wenn wir uns unsere Kirchenlandschaft ansehen, ist das bei weitem nicht der Fall. 
Nehmen also Jesu Nachfolger sein Vermächtnis nicht ernst genug?
An was mag es liegen, wenn es nach der Testamentseröffnung zu Streitigkeiten kommt?

 Ein Jurist würde antworten: Wahrscheinlich haben die Erben einer Linie keine gleichen Anteile bekommen, manche wurden bevorteilt, andere ungerecht behandelt!
Auf Jesu Forderung übertragen, heißt das, dass sich alle Konfessionen ohne Übervorteilung, ohne Arroganz des gemeinsamen Auftrags bewusst sein sollen.
Alle Christen sollen gemeinsam Verantwortung gegenüber der Welt zeigen, nicht vereinheitlicht, sondern selbstbewusst und mit Respekt für die anderen Konfessionen.

Gerade weil alle, die an Jesus Christus glauben, unter Gottes Gnade und Vergebung stehen, werden sie von Jesus aufgefordert, sich gleichermaßen engagiert und verantwortlich gegenüber ihrem Mitmenschen und gegenüber der Schöpfung zu zeigen.

Wir als Christen, egal welcher Konfession, ob evangelisch, katholisch, orthodox oder freikirchlich sollen Leuchttürme in einer Gesellschaft sein, die gerade in unruhigen Zeiten Orientierung braucht!
Und so werden wir immer wieder neu unsere Erbschaft im Glauben antreten müssen. 
Denn: Erbe verpflichtet! 
AMEN.

Pfarrerin Gabriele Edelmann-Richter