Dieses Jahr wird die fränkische Metropolregion Gastgeberin für den Deutschen Evangelischen Kirchentag vom 7. bis 11. Juni in Nürnberg und Fürth sein. 100.000 Teilnehmende aus ganz Deutschland werden hierfür ins schöne Franken reisen. Um allen Gästen tolle fünf Veranstaltungstage zu ermöglichen, braucht es auch die Unterstützung aus der Region.
Sofa, Bett oder Zimmer frei?
Besondere Begegnung gibt es auf Kirchentagen viele. Ganz besonders prägend sind die entstandenen Verbindungen über die sogenannten privaten Quartiere. Gastgeber:innen in der Region bieten Kirchentagsgästen ein Bett oder Sofa in ihren vier Wänden an. Dieses Erlebnis ist oftmals Ausgangspunkt für langjährige Freundschaften.
Wenn Sie in Nürnberg oder Fürth leben und den Kirchentag mit Ihrer Gastfreundschaft bereichern wollen, stellen Sie doch Kirchentagsteilnehmer:innen ein privates Quartier zur Verfügung!
Alle Informationen über das Anbieten und Finden von privaten Quartieren finden Sie unter kirchentag.de/unterkunft
Frau Esther Guckenberger von „Geschichte Für Alle e. V.“ hat uns einen wunderschönen Spaziergang durch die Nürnberger Altstadt geschenkt. Dafür sagen wir ganz herzlich danke. Bei Kaffee und Kuchen am Trödelmarkt ließen wir den Nachmittag ausklingen.
Der ehemalige Bundesminister Thomas de Maizière (CDU) wird der nächste Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags. Der 67-Jährige stehe an der Spitze des Kirchentags 2023 in Nürnberg, teilte der Kirchentag am Montag in Nürnberg mit. De Maizière habe sich schon bisher intensiv mit einem Kirchentag in einer immer säkularer werdenden Welt auseinandergesetzt, sagte seine Vorgängerin Bettina Limperg, die turnusmäßig aus dem Amt ausscheidet.
Das nächste Protestantentreffen steht unter der Losung „Jetzt ist die Zeit“ aus dem Markusevangelium (Mk. 1,15). Das Leitwort passe in die globale Zeitenwende, sagte de Maizière. Es habe in den vergangenen drei Jahrzehnten nicht mehr so viele Verschiebungen gegeben wie jetzt. Der Kirchentag wolle weder einen wehmütigen Blick zurück werfen, noch Horrorszenarien aufbauen oder den Menschen sagen, was jetzt zu tun sei.
De Maizière wies darauf hin, dass vielleicht schon 2023 nicht mehr die Hälfte der in Deutschland lebenden Menschen einer christlichen Kirche angehören. Auch mit denjenigen, die sich von der Kirche abgewandt haben oder die gar nichts mit Kirche zu tun haben, brauche es einen Austausch darüber, „was wir gemeinsam tun sollen“. Der neue Kirchentagspräsident nannte aber auch als Ziel, den Kirchentag stärker als bisher „von der Jugend tragen zu lassen“. Die jüngere Generation solle „die Zeitansage machen“, sagte de Maizière.
Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sagte, das Leitwort des Kirchentags bringe auf den Punkt, „was viele gegenwärtig spüren: Wir leben in einer Zeit grundlegender Entscheidungen“. Es gelte in dieser neuen Zeit so zu leben, dass es Menschen anderswo auf der Welt und den zukünftigen Generationen gut gehen könne. Er beobachte Menschen, die sich zwar nicht als Christen verstünden, aber dankbar für die Kirche seien, weil sie „Orientierungsfragen in ihrer DNA eingeschrieben hat“. Auch mit weniger Mitgliedern werde die Rolle der Kirchen sichtbar sein, so der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
De Maizière wurde in Bonn geboren. Er ist evangelisch-lutherisch getauft, verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Seine Vorgängerin Bettina Limperg brachte ihre Freude zum Ausdruck, dass das neue Präsidiumsteam aus den neuen Bundesländern komme. Das sei ein Zeichen des Wandels und neuer Wege, sagte sie.
Der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag soll vom 7. bis 11. Juni 2023 in Nürnberg stattfinden. Der Kirchentag ist eine unabhängige Laienbewegung. Haupt- und Ehrenamtliche gestalten alle zwei Jahre einen Kirchentag in einer größeren Stadt in Deutschland. Zuletzt hat ein Evangelischer Kirchentag in Nürnberg 1979 stattgefunden.
Von Pfarrer Dr. Matthias Dreher am 10.01.2021 in der Stephanuskirche in Gebersdorf
Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir? Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt zu! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er’s ihm zu. Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme aus dem Himmel sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.
Matthäus 3,13-17
Liebe Brüder und Schwestern,
Johannes der Täufer tauft Jesus. Schöne, klare Geschichte. Ich vermute, es gibt jetzt hier drei Gruppen: Die einen sagen: Ja! Ganz wichtige Grundgeschichte des Christentums. Kenne ich. Ist so passiert. Die ganze Dreieinigkeit tritt hier erstmals auf den Plan. Eine Geschichte, die jeder Konfirmand kennen muss. Dann die zweite Gruppe, die sagt: Oh nee, wieder mal so ne typische Bibel-Geschichte: Treffen sich zwei Superfromme, planschen irgendwie im Wasser und dann spricht Gott höchstpersönlich vom Himmel runter. – Fast genau wie im richtigen Leben! Wozu muss ich das wissen? Und dann könnte ich mir als dritte Gruppe noch die Kritischen denken – die Skeptiker. Die wissen: Johannes der Täufer taufte zur Vergebung der Sünden als dem letzten Ausweg vor dem ewigen Verderben. So – und zu dieser Veranstaltung kommt jetzt ausgerechnet Jesus – und muss dann mit Johannes fast schon auskarteln, wer hier wen zu taufen hat. Dann kriegt Jesus seine emergency-exit-Taufe und darauf sagt Gott: Leute, das hier ist übrigens mein Sohn, den ich liebe. – Toll, warum braucht einer, zu dem sich Gott vor aller Welt bekennt, noch einen emergencyexit, einen Notausgang knapp vor der Sünden-Hölle?
Komische Geschichte.
So, aber jetzt beschwert sich vielleicht schon die erste Gruppe wieder und sagt: Jetzt ist das mal so ne schöne, eigentlich einfache Geschichte, da muss der Pfarrer die wieder kompliziert zerfieseln. – Ja, muss ich, denn erstens muss ich die Geschichte auch den Mitchristen aus Gruppe 2 und 3 nahebringen und zweitens haben wir die Geschichte nicht dann begriffen, wenn wir uns den Ablauf wie einen Film vorstellen können und sagen: Jawoll, das glaub ich, dass das so war. – Sondern richtig für meinen Glauben hab ich das hier erst begriffen, wenn mir klar wird, was mir das was bringt, dass Jesus hier getauft wird. Da müssen wir hin – und das hat ganz viel zu tun mit den Anfragen von Gruppe 2 und 3.
Zuweilen sind zur Interpretation der Bibel Seitenblicke hilfreich. Und so werfe ich einen ersten Seitenblick auf den Evangelisten Markus, der uns die gleiche Geschichte erzählt, aber nicht dieselbe. Bei Markus nämlich gibt es nicht dieses seltsam-schwülstige Gespräch: Wer von uns beiden ist würdiger? Warum ist die Taufe jetzt doch ok. Jesus sagt bei Markus kein Wort. Dafür spricht aber die Himmelsstimme Gottes nur zu ihm: Du bist mein lieber Sohn! – statt wie bei Matthäus, wo es eine Verlautbarung an alle Welt ist: Das ist mein lieber Sohn. – Diese Unterschiede sind schon einmal eine Warnung an alle, die meinen: So und nicht anders isses passiert. Matthäus erlaubt sich hier eine gewisse Erweiterung, die einen tiefen Sinn hat, auch wenn ein Regisseur vielleicht nur hätte filmen können, was Markus erzählt. Bei Markus übrigens ist die Taufe gleich das erste, was er überhaupt von Jesus erzählt. Johannes tauft ihn. Gott adoptiert ihn quasi: Du bist mein lieber Sohn. So! Ab jetzt ist er es. – Matthäus hingegen erzählt ja vorher schon, wie Jesus von der Jungfrau Maria geboren, von Herodes verfolgt und von den Weisen aus dem Morgenland besucht wird. Hier ist Jesus längst der Sohn Gottes von Geburt an, kommt aber jetzt zu Johannes und will ausgerechnet die Buß-Taufe zur Vergebung der Sünden haben. Matthäus lässt uns spüren: Das ist irgendwie peinlich. Peinlich für den Täufer, der ja den Größeren angekündigt hatte, dem er nicht würdig ist, die Schuhriemen zu lösen. Den soll er jetzt taufen, damit er seine Sünden los wird. Peinlich v.a. für Jesus. Aber auch peinlich für die ersten Christen und die Gemeinde, für die Matthäus schreibt. Der Messias sollte doch diese Taufe nicht brauchen. Das sagt jetzt auch Johannes zu Jesus. Und Jesus antwortet und das sind seine allerersten Worte bei Matthäus: „Lass es jetzt zu! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.“ Eine schwierige, erstmal rätselhafte Erklärung: Der Ober, also Jesus, lässt sich vom Unter taufen, also von Johannes, und das soll gerecht sein – sogar total gerecht. Hm – gerecht kann ja viel sein: Jedem das Gleiche, oder jedem das Seine, oder das Gesetzesgemäße. Hier bei Matthäus heißt Gerechtigkeit umfassend das, was Gott will, also – alles, was Gottes Reich bringt und ausmacht, ist „Gerechtigkeit“ – und dazu gehört eben auch, dass Jesus, der Gottessohn, sich taufen lässt, wie die , für die er gekommen ist in diese Welt. Johannes hat ja gepredigt: Leute, demütigt euch endlich vor Gott, lasst ab von Eurem falschen Weg an Gott vorbei, lasst Eure Sünde abwaschen und kehrt um auf den neuen Weg mit Gott. Und genau diesen Gehorsam und diese Demut bringt Jesus auch. Modern gesagt: Er solidarisiert sich mit uns. Krass gesagt: Er deklariert sich selbst zum Sünder. Der Immanuel, der „Gott mit uns“, der Maria verheißen war, ist kein Gott, der heilig überm Boden schwebt und uns unantastbar den wahren Weg weist, nein! Wir haben einen Retter, der selbst da anfängt, wo wir immer wieder sitzen: In der Sünde, in der selbstgewählten Sackgasse, in Mist und Trotz und Eitelkeit und Gewalt. An Weihnachten mit dem Krippenkind hat Gott uns das schon gezeigt. Jetzt in der Taufe vollzieht Jesus diese Erniedrigung als mündiger Mensch selbst: „Ich ziehe Euch nicht von oben heroisch raus“, meint Jesus, „ich schiebe euch von unten aus dem Dreck der Gottlosigkeit.“ – Kein Wunder, dass das den Christen peinlich war. Matthäus dreht den Spieß um: Genau in dieser Peinlichkeit liegt die Gerechtigkeit, die das Reich Gottes bringt. Lukas – erwähnt die Taufe Jesu nur noch in einem kurzen Schlenker und der Evangelist Johannes lässt sie ganz weg.
Zweiter Seitenblick
Sie haben von mir einen Abzug der sog. „Großen Nürnberger Reformation“ bekommen, ein in echt 1,5 m breiter Holzschnitt von 1560. Erstmal ein verwirrend volles Bild. Links und rechts aufgereiht eine ganze Menge Leute: Links die Fürsten, die die Reformation unterstützt haben und rechts die Theologen der Reformation, angefangen von Jan Hus, dann Luther und als dritter Melanchthon. Die versammeln sich alle vor unserer Stadt Nürnberg, wie wir alle hier klar erkennen. Und auch die Wappendreiheit wird am Himmel kenntlich. So, aber jetzt kommt’s: Das Eigentliche, worum diese ganze evangelische Elite sich versammelt, das ist die Taufe Jesu in der Pegnitz vor Nürnberg. Wir sehen Gottvater im geöffneten Himmel, wir sehen die Geist-Taube auf Jesus herabschweben und natürlich sehen wir Jesus im Wasser, der mit gesenktem Kopf, also in Demut die Taufe von Johannes empfängt.
Was soll das denn jetzt? Wie kann man denn die Pegnitz mit dem Jordan verwechseln? Nein verwechselt haben das die Nürnberger im 16. Jahrhundert nicht, sondern sie haben sich den Jordan als ihren Fluss angeeignet, also als Pegnitz. Das Ereignis, von dem Matthäus berichtet, haben sie im Glauben angenommen – als das, was hier in Nürnberg gilt. Das ist der Gehorsam der Glaubens. Nicht nur glauben, dass da mal irgendetwas Seltsames vor hunderten von Jahren im fernen Israel passiert ist, sondern für sich annehmen, dass das hier und jetzt für mich passiert und Geltung hat. Und wenn sogar Gottes Sohn Jesus, Gottes geliebter Sohn, sich vor Gott für uns demütigt, dann sollten wir das erst recht tun und – wir können es auch, weil wir ihn ja in unserer Mitte haben als den Anfänger und Vollender von Glauben und Gehorsam. – Wenn wir „unten“ sind, wenn uns das Wasser bis zum Hals steht, wenn wir Umkehr, einen neuen Weg brauchen, dann ist ER gerade nicht fern von uns; dann ist er direkt neben uns. Darum knien auch all die mächtigen Männer links und die Weisen rechts, weil wir ja nicht stolz dastehen können, während sich unser Herr und Heiland unter die Taufe beugt. Das ist Nürnberger Glaube, der verstanden hat und insofern sollen und dürfen wir uns einreihen bei den großkopferten Tauf-Anbetern – und ich überlasse es Ihnen, ob sie das lieber bei den Mächtigen links oder den Schlau-Studierten rechts machen wollen. Vielleicht wollen ja die Frauen, die bislang gar nicht auf dem Bild sind, sogar eine neue dritte Reihe aufmachen … Für den Schluss-Teil möchte ich noch einen dritten Seitenblick riskieren – und der ist wirklich riskant. V.a. Paulus und der Hebräerbrief betonen, dass Jesus ohne Sünde war, ja gewesen sein muss, um für uns Sünder zu büßen. Der stellvertretend Verurteilte kann die Menschheitssünden nur tragen, wenn er selbst davon rein ist. So war und ist es christliche Grundüberzeugung bis in neue Dogmatiken hinein.
Aber muss das wirklich so sein? Müssen wir daran festhalten, wenn Jesus sich doch selbst unter die Umkehr-Taufe zur Vergebung der Sünden beugt, wie es Matthäus selbst peinlich berichtet? Hebt das Dogma der Sündlosigkeit Jesus nicht doch wieder heraus, als hätte er sich nicht radikal mit uns solidarisiert? Wenn er sich selbst das Etikett „Sünder“ umhängt, erst in der Taufe am Jordan, und dann am Kreuz auf Golgotha, sind wir dann nicht guru-versessene Gläubige, dass wir seine Heiligkeit in zeitloser Reinheit behaupten statt eben in seiner Umkehr, durch die er sich gleichgemacht hat mit uns? Die Stimme Gottes aus dem Himmel sagt wörtlich übersetzt: „Das ist mein Sohn, der geliebte; an ihm habe ich Wohlgefallen gefunden.“ Und das klingt eigentlich schon nach dem Sünder, der radikal umgekehrt ist.
Martin Luther hielt zwar an der Schuldlosigkeit Christi fest, betont aber:
„Wir müssen erkennen, dass Christus ebenso wie Fleisch und Blut, so auch Sünde, Tod und alle Strafen angezogen hat. Wer es nicht wahrhaben will, dass Christus ein Sünder ist, der leugnet auch den Gekreuzigten.“
WA 40 I, 434
„Ich habs oft gesagt, und sag es noch: Wer Gott erkennen … will, der schau in die Krippe, heb unten an und lerne erstlich erkennen der Jungfrau Maria Sohn, geboren zu Bethlehem, so der Mutter im Schoß liegt und säugt oder am Kreuz hängt, danach wird er fein lernen, wer Gott sei. Solches wird alsdann nicht schrecklich, sondern aufs allerlieblichste und tröstlichste sein.“
An Weihnachten ist Gott Mensch geworden; zu Epiphanias wurde er kenntlich nicht nur als Retter Israels, sondern der ganzen Welt. Und heute wird uns klar: Um diese ganze Welt und uns hier vor den Toren Nürnbergs zu retten, hat er sich radikal zum Sünder gemacht, um eingehakt mit uns aufzubrechen ins Reich Gottes. Das ist unser Trost. Halleluja.